Juli 20, 2020

Posi­ti­ve Ent­wick­lun­gen bei Pipe­lines in USA und Kana­da

USA: Bezirks­ge­richt stoppt DAPL

Am 06.07.2020 ent­schied Rich­ter James Boas­berg vom United Sta­tes Dis­trict Court for the Dis­trict of Colum­bia, dass die Dako­ta Access Pipe­line (DAPL) den Betrieb inner­halb der nächs­ten 30 Tage bis auf Wei­te­res ein­stel­len müs­se. Eine neue Ent­schei­dung kön­ne erst getrof­fen wer­den, wenn das anhän­gi­ge umfas­sen­de Umwelt­gut­ach­ten vor­lie­ge. Die vor­he­ri­ge Geneh­mi­gung in Fol­ge der „Exe­cu­ti­ve Order“ durch Donald Trump vom Janu­ar 2017 habe die Vor­ga­ben des „Envi­ron­men­tal Pro­tec­tion Act“ nicht aus­rei­chend berück­sich­tigt.

Der Ent­schei­dung geht ein jah­re­lan­ger Rechts­streit vor­aus. Zudem rief der Wider­stand der „Water Pro­tec­tors“ gegen die Pipe­line eine der größ­ten Kam­pa­gnen von Indi­ge­nen, Umwelt­schüt­zern und Men­schen­rechts­ak­ti­vis­ten gegen die zer­stö­re­ri­sche Ener­gie­po­li­tik und die Miss­ach­tung indi­ge­ner Land­rech­te her­vor, die 2016 Zehn­tau­sen­de Indi­ge­ne und Akti­vis­ten nach Stan­ding Rock führ­te.

Die DAPL bringt über fast 1.900 km Frack­ing-Öl von den Bak­ken Ölfel­dern in North Dako­ta über South Dako­ta und wei­te­re Bun­des­staa­ten bis an den Golf von Mexi­ko. Dabei läuft sie auf ihrer Rou­te unter dem Mis­sou­ri River hin­durch und bedroht nicht nur das Trink­was­ser der Stan­ding Rock Sioux, son­dern von ins­ge­samt rund 17 Mil­lio­nen Ame­ri­ka­nern.

Nach der Ent­schei­dung von Rich­ter Boas­berg, die Pipe­line bis zu einem neu­en Umwelt­gut­ach­ten still zu legen, erklär­te die Betrei­ber­fir­ma Ener­gy Trans­fer Part­ners umge­hend, in Beru­fung zu gehen. Der Kampf gegen die Pipe­line mag in die nächs­te Run­de gehen, doch einst­wei­len fei­ern die Indi­ge­nen ihren Sieg.

USA: Supre­me Court ver­kün­det Stopp der Key­stone XL

Nur einen Tag nach dem Urteil gegen die Dako­ta Access Pipe­line muss­te die Ölin­dus­trie eine wei­te­re her­be Nie­der­la­ge ein­ste­cken. Am 07.07.2020 ent­schied der Obers­te Gerichts­hof der USA, dass die Geneh­mi­gung der KXL gegen die Bestim­mun­gen des „End­an­ge­red Spe­ci­es Act“ ver­sto­ßen habe, dem ame­ri­ka­ni­schen Arten­schutz­ge­setz.

KXL bringt Teer­sand­öl von der kana­di­schen Pro­vinz Alber­ta über fast 3.500 km quer durch die USA bis nach Ste­e­le City in Nebras­ka, von wo es mit bestehen­den Pipe­lines eben­falls bis zum Golf von Mexi­ko trans­por­tiert wird. Betrie­ben wir die Pipe­line vom kana­di­schen Kon­zern TC Ener­gy (vor­mals Tran­sCa­na­da), der ein Beru­fungs­ver­fah­ren gegen den Stopp der Pipe­line ein­ge­lei­tet hat.

Der Wider­stand gegen die Key­stone XL brach­te erst­mals eine brei­te Alli­anz von Indi­ge­nen, Umwelt- und Men­schen­rechts­ak­ti­vis­ten einer­seits und ame­ri­ka­ni­schen Far­mern und Poli­ti­kern, u.a. eini­gen Gou­ver­neu­ren, her­vor, die für gro­ße media­le Auf­merk­sam­keit sorg­te. Unter der Teil­nah­me zahl­rei­cher Pro­mi­nenz ver­sam­mel­ten sich u.a. 2014 Tau­sen­de vor dem Wei­ßen Haus in Washing­ton, wor­auf­hin der dama­li­ge Prä­si­dent Oba­ma das Pro­jekt stopp­te, das jedoch von Trump eben­falls unmit­tel­bar nach sei­nem Amts­an­tritt vor­an­ge­trie­ben wur­de.

USA: Auf­ga­be der Atlan­tic Coast Pipe­line

Ange­sichts der jüngs­ten Ent­wick­lun­gen erklär­ten Anfang Juni 2020 die US-Unter­neh­men Domi­ni­on Ener­gy und Duke Ener­gy die Auf­ga­be der geplan­ten Atlan­tic Coast Pipe­line, wel­che über rund 970 km Gas von West Vir­gi­nia bis nach North Caro­li­na für den Export nach Asi­en lie­fern soll­te. Die Rou­te hät­te ins­be­son­de­re die Indi­ge­nen der Mehr­rin, Hali­wa-Sapo­nie, Coh­a­rie und Lum­bee in North Caro­li­na betrof­fen, die nie ange­mes­sen kon­sul­tiert wur­den. In dem ent­spre­chen­den Gebiet, das die Pipe­line durch­lau­fen hät­te, stel­len die Indi­ge­nen 13%, obwohl sie nur ins­ge­samt 1,2% der Bevöl­ke­rung von North Caro­li­na bil­den.

Die Pipe­line zähl­te zu Trumps Vor­zei­ge­pro­jek­ten und soll­te 2022 in Betrieb gehen. Doch nach brei­tem Pro­test und diver­sen Gerichts­ver­fah­ren sahen die Betrei­ber offen­sicht­lich kei­ne Chan­ce mehr für das Pro­jekt.

Kana­da: Unsi­che­re Zukunft für Trans Moun­tain Pipe­line

Am 02.07.2020 wies Kana­das Supre­me Court eine Kla­ge gegen die Geneh­mi­gung der Erwei­te­rung der Trans Moun­tain Pipe­line zurück. 2018 hat­te die Regie­rung von Jus­tin Tru­deau die Pipe­line, die Teer­sand­öl von Alber­ta an die Küs­te von Bri­tish Colum­bia trans­por­tiert, gekauft, um sie vor dem Aus zu ret­ten, nach­dem der Betrei­ber Kin­der Mor­gan das Pro­jekt – nicht zuletzt auf­grund der indi­ge­nen Pro­tes­te gegen die Pipe­line – auf­ge­ben woll­te. Nach­dem die Regie­rung die (eige­ne) Pipe­line dar­auf­hin geneh­mig­te, zogen meh­re­re indi­ge­ne Natio­nen Bri­tish Colum­bi­as erneut vor Gericht. Die Ent­schei­dung des Supre­me Court of Cana­da setzt einem sie­ben­jäh­ri­gen Rechts­streit einst­wei­lig ein Ende, doch es feh­len noch immer ein­zel­ne Geneh­mi­gun­gen hin­sicht­lich der end­gül­ti­gen Rou­te der Pipe­line durch die Pazi­fik­pro­vinz, die 2022 fer­tig­ge­stellt wer­den soll.

Mit­te Juni 2020 kam es zu einem Leck der bestehen­den Pipe­line an einer Pump­sta­ti­on bei Abbots­ford, B.C., bei dem 190.000 Liter Cru­de Oil ent­wi­chen – vor allem auf das Reser­ve der Sumas First Nati­on, die bereits zum vier­ten Mal von einem Spill der Pipe­line betrof­fen ist.

Trotz des Gerichts­ent­scheids sind die Indi­ge­nen ent­schlos­sen, ihren Wider­stand fort­zu­set­zen. Sie wen­den sich vor allem an die Ver­si­che­run­gen, wel­che das Pro­jekt bis­lang unter­stützt haben, u.a. Zurich Insu­rance Group (Mut­ter­ge­sell­schaft der Zürich Ver­si­che­rungs­grup­pe), Münch­ner Re und HDI. Die Ver­si­che­rungs­de­ckung läuft bis August 2020, über eine Ver­län­ge­rung soll am 31. August ent­schie­den wer­den.

Die Kam­pa­gne zeigt Erfolg: Bereits im Juni 2020 erklär­te Talanx, die Mut­ter­ge­sell­schaft der deut­schen HDI-Ver­si­che­rung, ihren Rück­zug aus dem Pro­jekt und auch die Münch­ner Rück­ver­si­che­rung erklär­te, sie wol­le ange­sichts der brei­ten Kri­tik ihre Betei­li­gung zurück­zie­hen. 32 Orga­ni­sa­tio­nen (u.a. Stand Earth) star­te­ten eine Online-Peti­tio­nen mit 50.000 Unter­schrif­ten (u.a. auch wir), um die Ver­si­che­run­gen zu einem Rück­tritt zu bewe­gen. Bei­de Ver­si­che­run­gen erklär­ten, sie woll­ten künf­tig kei­ne Teer­sand­för­de­rung und damit ver­bun­de­ne Pro­jek­te mehr finan­zie­ren, die zudem dem Pari­ser Kli­ma­ab­kom­men zuwi­der­lau­fen. Nun soll der Druck auf den größ­ten Ver­si­che­rer des Pro­jekts, die Zurich Insu­rance Group, erhöht wer­den, um das Unter­neh­men eben­falls zum Aus­stieg zu bewe­gen ( https://act.leadnow.ca).

Moni­ka Seil­ler
Akti­ons­grup­pe India­ner & Men­schen­rech­te e.V. / Mün­chen



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