September 14, 2021

Abschied von Rex Tilou­si, dem Ret­ter des “Wel­len­bergs”

Rex Tilou­si, der letz­te spi­ri­tu­el­le und kul­tu­rel­le Füh­rer sowie ehe­ma­li­ger Stam­mes­rat des kleins­ten indi­ge­nen Vol­kes der USA, hat sich am 19. Juni 2021 auf den Weg zu sei­nen Vor­fah­ren gemacht.

Der Ange­hö­ri­ge der Hava­su­pai — des „Vol­kes des blau-grü­nen Was­sers“ im US-Bun­destaat Ari­zo­na — war der Schwei­zer Anti-Atom­sze­ne kein Unbe­kann­ter.

Kein ande­rer Fall Indi­ge­ner Völ­ker betrifft die Schweiz direk­ter als der lan­ge Kampf sei­nes Vol­kes gegen die Uran­wirt­schaft. Ein paar Mal bereis­te Rex Tilou­si auf unse­re Ein­la­dung hin die Schweiz nörd­lich des Gott­hards und traf bei sei­nen Auf­trit­ten die Aktivist*innen von Public Eye, SES, Green­peace, Stop Wel­len­berg, MNA, Müh­le­berg-Ver­fah­ren, etc., sowie vie­le Ein­zel­per­so­nen, die er alle mit sei­nem inte­gren Wesen und sei­ner Bot­schaft gegen die Atom­ener­gie tief berühr­te.

Ab 1993 war sein Volk, das ein Sei­ten­tal vom UNESCO-Welt­na­tur­er­be Grand Can­yon bewohnt, von Schwei­zer AKW-Inter­es­sen bedroht, elf Jah­re wehr­ten sich die Hava­su­pai gericht­lich gegen den geplan­ten Uran­ab­bau durch den Kon­zern Ener­gy Fuels Nuclear, der mit der dama­li­gen Schwei­zer NOK ein Kon­sor­ti­um zur Uran­för­de­rung gebil­det hat­te. Zum Glück fiel der Uran­preis, und das Uran­för­der­ge­biet aus­ge­rech­net bei ihrem Hei­li­gen Berg Red But­te blieb ver­schont.

Aber die AKW-Betrei­ber lie­ßen nicht locker, vor allem unter der Ära Bush oder Trump befürch­te­ten die Hava­su­pai das Schlimms­te: wür­den die vie­len Claims im Grand Can­yon erschlos­sen und ein Unwet­ter wür­de zu gro­ßen Über­schwem­mun­gen und Damm­brü­chen füh­ren, dann wäre das gesam­te Gebiet radio­ak­tiv ver­seucht.
Aus­ge­rech­net 1990 — im Vor­feld der drei Schwei­zer Atom­ener­gie­initia­ti­ven — kam es zu einer Sturz­flut, wel­che das Dorf Supai in ein natio­na­les Kata­stro­phen­ge­biet ver­wan­del­te. Wäre das Uran bereits geför­dert wor­den, hät­ten die bestehen­den Rück­hal­te­be­cken beim hei­li­gen Berg das 80 km ent­fern­te Dorf Supai radio­ak­tiv ver­seucht.
Damals war der Stam­mes­vor­sit­zen­de Way­ne Sinyel­la in der Schweiz und woll­te NOK (heu­te AXPO) zur Auf­ga­be der Pro­jek­te bewe­gen. Auch ver­deut­li­che er die unheil­vol­le Ket­te von Uran­ab­bau und End­la­ge­rung von radio­ak­ti­ven Brenn­stä­ben.

1995 unter­stüt­ze Rex Tilou­si MNA und das Stop Wel­len­berg-Komi­tee im Kampf gegen das geplan­te End­la­ger von Wel­len­berg — der zu sei­ner Über­ra­schung die glei­che Form hat, wie ihr hei­li­ger Berg. 

An einem reg­ne­ri­schen Sonn­tag vor der Wel­len­berg-Abstim­mung zogen 160 Män­ner, Frau­en und Kin­der mit ihm auf das Bet­tel­rü­ti beim Wel­len­berg. Das Schwei­zer Fern­se­hen war dabei, wie Rex eine Zere­mo­nie „für die Bäu­me und Ber­ge, die sich nicht weh­ren kön­nen“, abhielt. 

„Lass das Uran im Bauch von Mut­ter Erde, dann braucht es auch kei­ne wei­te­ren Gefah­ren­quel­len wie End­la­ger — wir sind mit euch in Nid­wal­den und Engel­berg ver­bun­den“, lau­te­te sei­ne zen­tra­le Bot­schaft.

Es wird gesagt, dass der nega­ti­ve Aus­gang den in der Abstim­mungs­nacht in Supai trom­meln­den Hava­su­pai und sei­nem cha­ris­ma­ti­schen Füh­rer zu ver­dan­ken sei. 

Rex Tilousi in Brugg, 2009,

Rex Tilou­si in Brugg, 2009, © Rue­di Suter

Rex lieb­te die Schwei­zer Ber­ge und sei­ne Bewohner*innen so, dass es ihm ein Anlie­gen war, 2009 noch­mals zu kom­men, sich in die End­la­ger­de­bat­te ein­zu­brin­gen und den Engelberger*innen Lie­der zum Schutz ihrer Ber­ge und Täler zu brin­gen.

Rex Tilou­si durf­te im Kreis sei­ner Fami­lie fried­lich ein­schla­fen; er wäre am 15. August 74 Jah­re alt gewor­den. Ein Kranz der Schwei­zer Anti-AKW-Aktivist*innen wur­de an sei­nem Grab beim Grand Can­yon in Flag­staff nie­der­ge­legt.

Inco­min­di­os woll­te die Fami­lie sei­ner Nich­te Car­let­ta Tilou­si ein­la­den, um eine Gedenk­fei­er zu Ehren von ihm und der seit 19952009 ver­stor­be­nen Anti-Wel­len­berg Aktivist*innen abzu­hal­ten. Nun hat Coro­na einen Strich durch die Plä­ne gemacht. Als Bera­te­rin in der Regie­rung Biden ist das Risi­ko für Car­let­ta zu hoch, in die Schweiz zu rei­sen. Einen Besuch zu einem spä­te­ren Zeit­punkt ist geplant. 

Hele­na Nyberg, Zürich,
Men­schen­rechts­exper­tin Inco­min­di­os
www.incomindios.ch



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