Februar 13, 2019

Bir­gil Kills Straight (Ogla­la Lako­ta) gestor­ben

Lei­der müs­sen wir von einem wei­te­ren Todes­fall aus Pine Ridge berich­ten. Wie­der ist ein alter Ver­trau­ter des Arbeits­krei­ses India­ner Nord­ame­ri­kas in die ande­re Welt über­ge­tre­ten. Bir­gil Kills Straight starb 78-jäh­rig am 10.02.2019 in sei­nem Haus in Kyle.

Erstes Treffen der europäischen Unterstützungsgruppen für nordamerikanische Indianer in Berlin 1985 (Foto: Peter Schwarzbauer)

Ers­tes Tref­fen der euro­päi­schen Unter­stüt­zungs­grup­pen für nord­ame­ri­ka­ni­sche India­ner in Ber­lin 1985 (Foto: Peter Schwarz­bau­er)

Bir­gil war eine schil­lern­de Lako­ta-Per­sön­lich­keit, der in sei­nem Leben eine Fül­le von Akti­vi­tä­ten gesetzt und eine Rei­he von Funk­tio­nen erfüllt hat. Ich möch­te hier nur auf eini­ge aus­ge­wähl­te Aspek­te ein­ge­hen, die ich per­sön­lich von ihm und durch ihn ken­nen gelernt bzw. erfah­ren habe.

Obwohl Bir­gil selbst dabei nie in Erschei­nung getre­ten ist, gehör­te er zu jenen Lako­ta Tra­di­tio­nel­len, die 1973 das „Ame­ri­can Indi­an Move­ment (AIM)“ nach Pine Ridge geholt haben, um Wider­stand gegen das kor­rup­te Regime des dama­li­gen Stam­mes­prä­si­den­ten, Dick Wil­son, zu leis­ten. Dar­aus ent­wi­ckel­te sich die Beset­zung von Woun­ded Knee 1973, die ein natio­na­les und inter­na­tio­na­les Medi­en­echo aus­lös­te und auch inner­halb der USA die Pro­ble­ma­tik der Indi­ge­nen für die Öffent­lich­keit erst­mals sicht­bar mach­te.

Bir­gil war als Ver­tre­ter des tra­di­tio­nel­len „Lako­ta Trea­ty Coun­cil“ (ein Art tra­di­tio­nel­le Stam­mes­re­gie­rung neben dem offi­zi­ell von der US-Regie­rung eta­blier­ten Stam­mes­rat) auch inten­siv in den Land­rechts­kampf um die Black Hills ein­ge­bun­den.
Auf dem Foto, wel­ches wir vor kur­zem im Zusam­men­hang mit dem Tod von Mike Her Many Hor­ses beim Tref­fen mit dem dama­li­gen öster­rei­chi­schen Außen­mi­nis­ter ver­öf­fent­lich­ten, steht er im Zen­trum.

Für Bir­gil war der Erhalt der Lako­ta-Kul­tur ein wesent­li­ches Anlie­gen, und zwar kei­nes­wegs im folk­lo­ris­ti­schen Sin­ne. Die Eta­blie­rung eines Bil­dungs­sys­tems in den 1970er und 80er Jah­ren im Pine Ridge Reser­vat, das die Lako­ta Kul­tur zumin­dest inte­griert und nicht nur auf dem auf­ge­zwun­ge­nen „Ame­ri­can Way of Life“ beruht, ist zu einem wesent­li­chen Teil auf sein Enga­ge­ment zurück zu füh­ren.
Die „Litt­le Wound School“ und das „Ogla­la Lako­ta Col­lege“ hat er mit geschaf­fen.

Ich erin­ne­re mich noch gut an die Grün­dung des “Lako­ta Funds” im Jah­re 1985 – eine Art Mini-Bank der Lako­ta -, den auch Bir­gil ins Leben geru­fen hat­te. Wir waren damals eine drei­köp­fi­ge AKIN-Dele­ga­ti­on auf „Fact-Fin­ding-Mis­si­on“ im Lako­ta Gebiet. Bir­gil war natür­lich bewusst, dass die Auf­recht­erhal­tung von Kul­tur und Sou­ve­rä­ni­tät auch einer wirt­schaft­li­chen Basis bedarf, die prak­tisch nicht vor­han­den war (Shan­non Coun­ty, wel­ches einen Groß­teil des Pine Ridge Reser­vats umfasst, gilt seit Jahr­zehn­ten als der ärms­te Bezirk in den USA lt. Volks­zäh­lung).

Als sich 1990 das Mas­sa­ker von Woun­ded Knee 1890 zum hun­derts­ten Mal jähr­te, orga­ni­sier­te Bir­gil einen Memo­ri­al Ride ent­lang der gesam­ten Rou­te, die Big Foot damals mit sei­ner Grup­pe von Minne­con­jou Lako­ta von Che­yenne River nach Pine Ridge/Wounded Knee zurück­ge­legt hat.

Big Foot Memorial Ride 1990. Birgil Kills Straight ganz recht, links neben ihm (gebückt nach unten) Arvol Looking Horse (Keeper of the Sacred Pine of the Lakota) (Foto: Reinhard Mandl)

Big Foot Memo­ri­al Ride 1990. Bir­gil Kills Straight ganz recht, links neben ihm (gebückt nach unten) Arvol Loo­king Hor­se (Kee­per of the Sacred Pine of the Lako­ta) (Foto: Rein­hard Man­dl)

Bei eisi­ger Käl­te von bis zu ‑40 Grad Cel­si­us rit­ten hun­der­te von Lako­ta. Der öster­rei­chi­sche Jour­na­list Gert Bald­auf hat über die­sen Ritt eine aus­ge­zeich­ne­te Doku­men­ta­ti­on gedreht, die u.a. auch im ORF gezeigt wur­de (Der lan­ge Ritt der Sioux: 100 Jah­re nach Woun­ded Knee).
Seit mitt­ler­wei­le 29 Jah­ren hal­ten die Lako­ta die Tra­di­ti­on die­ses Ritts und die Erin­ne­rung an die Ermor­dung von Big Foot und sei­ner Minne­con­jou Grup­pe auf­recht.

Eröffnung der Fotoausstellung anlässlich des 100. Jahrestages des Massakers von Wounded Knee 1990 im Völkerkundemuseum in Wien (links: Dr. Christian Feest (Kurator für Nordamerika), Birgil Kills Straight)

Eröff­nung der Foto­aus­stel­lung anläss­lich des 100. Jah­res­ta­ges des Mas­sa­kers von Woun­ded Knee 1990 im Völ­ker­kun­de­mu­se­um in Wien (links: Dr. Chris­ti­an Feest (Kura­tor für Nord­ame­ri­ka), Bir­gil Kills Straight) (Foto: Peter Schwarz­bau­er)

Bir­gil Kills Straight war auch häu­fig in Euro­pa, um in Koope­ra­ti­on mit den ver­schie­de­nen Unter­stüt­zungs- und Men­schen­rechts­grup­pen (dar­un­ter auch der Arbeits­kreis India­ner Nord­ame­ri­kas) für die Sache der Lako­ta bzw. bestimm­te Pro­jek­te Unter­stüt­zung zu erhal­ten.

Wie­der ist einer der alten Gar­de von uns gegan­gen. Bir­gil, wir wer­den Dich sehr ver­mis­sen.

Peter Schwarz­bau­er

Eröffnung des 3. Treffens der europäischen Unterstützungsgruppen für nordamerikanische Indianer in Wien 1987 (v.l.n.r.: Mag. Reinhard Trink (AKIN), Birgil Kills Straight, Dr. Eva Nowotny (außenpolitische Beraterin des Bundeskanzlers), Prof. Charlotte Teuber (Politikwissenschaflerin an der Uni Wien)

Eröff­nung des 3. Tref­fens der euro­päi­schen Unter­stüt­zungs­grup­pen für nord­ame­ri­ka­ni­sche India­ner in Wien 1987 (v.l.n.r.: Mag. Rein­hard Trink (AKIN), Bir­gil Kills Straight, Dr. Eva Nowot­ny (außen­po­li­ti­sche Bera­te­rin des Bun­des­kanz­lers), Prof. Char­lot­te Teu­ber (Poli­tik­wis­sen­schaf­le­rin an der Uni Wien) (Foto: Peter Schwarz­bau­er)




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