April 2, 2019

Die Buf­fa­lo Field Cam­paign (BFC) und die letz­ten frei­le­ben­den Bisons

Die Buf­fa­lo Field Cam­paign (BFC) setzt sich für den Erhalt und Schutz der letz­ten frei­le­ben­den Bisons in Nord­ame­ri­kas im Yel­low­stone Natio­nal­park ein. Mit­be­grün­der und der­zei­ti­ger Lei­ter Mike Mea­se wird unter­stützt von Frei­wil­li­gen aus der gan­zen Welt – so der­zeit von Georg Berg­tha­ler, Kul­tur- und Sozi­al­an­thro­po­lo­ge aus Wien und Mit­glied des Arbeits­krei­ses India­ner Nord­ame­ri­kas.

2 Bisons im Schnee

2 Bisons im Schnee (copy­right Georg Berg­tha­ler)


Die letz­ten Bisons

Mil­lio­nen von Bisons präg­ten einst das Bild der Ebe­nen Nord­ame­ri­kas. Sie bil­de­tet die Lebens­grund­la­ge von vie­len indi­ge­nen Stäm­men.

Die gera­de­zu blitz­ar­ti­ge ter­ri­to­ria­le Expan­si­on der Ver­ei­nig­ten Staa­ten von der nord­ame­ri­ka­ni­schen Ost­küs­te gen Wes­ten hat­te die fast voll­stän­di­ge Aus­rot­tung der Bisons zur Fol­ge. Grün­de dafür waren eine Öko­no­mie, basie­rend auf der Aus­beu­tung von natür­li­chen Res­sour­cen – damals vor­wie­gend die Jagd und der Han­del mit Fel­len und Pel­zen – gefolgt von euro-ame­ri­ka­ni­scher Besied­lung und damit ein­her­ge­hen­der Umstruk­tu­rie­rung länd­li­cher Flä­chen­nut­zung und Bewirt­schaf­tung.

Bison-Herde in Bewegung

Bison-Her­de in Bewe­gung (copy­right Georg Berg­tha­ler)

Anfang des 20. Jahr­hun­derts hat­ten sich gera­de ein­mal eine klei­ne 23-köp­fi­ge Her­de im Gebiet des 1872 gegrün­de­ten Yel­low­stone Natio­nal­parks erhal­ten. Nur auf­grund staat­li­cher Über­wa­chung durch die US-Armee konn­ten eini­ge weni­ge der gene­tisch unver­än­der­ten Popu­la­ti­on von Yel­low­stone-Bisons der Mas­sen­ab­schlach­tung durch Pelz­jä­ger ent­kom­men, wel­che in der zwei­ten Hälf­te des 19. Jahr­hun­derts die letz­ten gro­ßen Her­den der in vor­ko­lo­nia­ler Zeit bis zu 60 Mil­lio­nen Bison in zuvor nie dage­we­se­nem Tem­po ver­nich­tet hat­ten.

Mitt­ler­wei­le konn­te sich die Bison­po­pu­la­ti­on von Yel­low­stone wie­der auf rund 3.500 Tie­re erho­len.

„Bee­fa­los“ und Rin­der anstel­le der hei­mi­schen Bisons

Abseits der Yel­low­stone-Bisons waren bereits zu die­ser Zeit fast alle ande­ren ver­ein­zelt übrig­ge­blie­be­nen Bisons mit euro­pä­isch ein­ge­führ­ten Rin­der­ar­ten gepaart wor­den – zum Zwe­cke der Domes­ti­zie­rung. Pro­dukt die­ser Paa­rung waren soge­nann­te “Bee­fa­los”, wel­che trotz ihres zah­me­ren Geis­tes das äuße­re Erschei­nungs­bild ihrer wil­den Geschwis­ter behiel­ten.

An die Stel­le der frü­he­ren Bison­her­den tra­ten vor­wie­gend Rin­der, wel­che zu zig­tau­sen­den über die gro­ßen Prä­rien und Step­pen Kon­ti­nen­tal-Nord­ame­ri­kas getrie­ben wur­den. In der ers­ten Hälf­te des 20. Jahr­hun­derts wur­den Rin­der­her­den dann suk­zes­si­ve auf gro­ßen Ranch­flä­chen ein­ge­grenzt, wel­che von euro­pä­isch-stäm­mi­gen Erstan­kömm­lin­gen nach US-Kolo­ni­al­recht für sich bean­sprucht wur­den.

Reist man daher heu­te mit dem Auto durch den mitt­le­ren Wes­ten der USA und Kana­das fin­det man nicht mehr die frei zugäng­li­chen wei­ten Gras­land­schaf­ten vor, die noch gut 150 Jah­re zuvor die Hei­mat aber­mil­lio­nen von Bisons war, son­dern ein­ge­zäun­te Groß­grund­be­sitz­tü­mer, auf wel­chen ent­we­der Vieh­zucht oder groß­flä­chi­ger Acker­bau betrie­ben wird.

Ein kolo­nia­les Erbe: Rin­der­ba­ro­ne gegen Bisons

Eine Wie­der­aus­brei­tung der Bisons auf den Gras­län­dern außer­halb des Natio­nal­parks ist vor allem von Sei­ten der Groß­grund­be­sit­zer – eta­blier­ten Rin­der­ba­ro­nen – nicht erwünscht. Als fun­da­men­ta­le öko­no­mi­sche Klas­se und durch die Ver­kör­pe­rung einer idea­li­sier­ten Lebens­wei­se – dem roman­ti­sier­ten Cow­boy­da­sein – haben Ran­cher­fa­mi­li­en bis heu­te hoch­ran­gi­ge poli­ti­sche Ver­bin­dun­gen bis nach Washing­ton und sind sym­bo­lisch tief im kol­lek­ti­ven und reprä­sen­ta­ti­ven Selbst­ver­ständ­nis der USA ver­an­kert.
Obwohl immer mehr Men­schen in den USA (außer­halb von India­ner­re­ser­va­ten) aus länd­li­chen Regio­nen in dicht besie­del­te Zen­tren des Lan­des abwan­dern und auch land­wirt­schaft­li­che Flä­chen­nut­zung ten­den­zi­ell im Rück­gang begrif­fen ist, wird – wie auch in Euro­pa – der pri­mä­re Wirt­schafts­sek­tor durch staat­li­che För­de­run­gen am Leben erhal­ten.

Für vie­le der Ran­cher geht es um die Fort­füh­rung einer Lebens­wei­se, die sie, wie india­ni­sche Bewoh­ner der­sel­ben Län­de­rei­en vor ihnen, nicht ohne wei­te­res auf­ge­ben möch­ten. Neben pri­va­ten Wei­de­flä­chen nut­zen Ran­cher auch öffent­li­che Gras­step­pen in den US Natio­nal Forests, die sie kei­nes­falls für Wild­bi­sons auf­ge­ben wol­len.

Das Rin­gen um öffent­li­che Län­der erhöht Span­nun­gen mit Ran­chern, für die die Rück­kehr von wil­den Bison­her­den vor allem ange­sichts finan­zi­el­ler Über­le­bens­ängs­te eine unwill­kom­me­ne Bedro­hung dar­stel­len.

„Wes­tern Waters­heds Pro­ject“ ist eine Initia­ti­ve von Rechts­an­wäl­ten, die auf Basis nach­weiß­li­cher Was­ser­ver­schmut­zung durch Zucht­vieh ver­sucht, über den Gerichts­weg pri­va­te Rin­der­her­den von den staat­li­chen Gras­land­schaf­ten zu ver­ban­nen – unter ande­rem auch um die­sen Lebens­raum wie­der für ihre öko­lo­gi­schen Urein­woh­ner – die Plains-Bisons Nord­ame­ri­kas – frei­zu­ma­chen.

Die Ver­nich­tung der Bisons geht wei­ter

Jeg­li­che Reha­bi­li­tie­rungs­ver­su­che von Wild­bi­sons in den Bun­des­staa­ten Mon­ta­na und Ida­ho, die bei­de im Wes­ten an den Yel­low­stone Natio­nal­park angren­zen, wur­den bis­her ver­ei­telt.

Mit­tels Gehe­ge-Fal­len wer­den Bisons ein­ge­fan­gen und anschlie­ßend in Schlach­tungs­an­stal­ten abtrans­por­tiert. In Aus­nah­me­fäl­len wer­den sie an ande­re US-Natio­nal­parks bzw. indi­ge­ne Schutz­ge­bie­te auf Reser­va­tio­nen wei­ter­ver­mit­telt – aller­dings erst nach bis zu zwei jäh­ri­ger Qua­ran­tä­ne in Gat­ter­hal­tung.

Die über­schau­ba­re Zahl an Bisons, wel­che bei Migra­tio­nen im Win­ter bzw. Früh­jahr an den Fal­len vor­bei­wan­dern oder vor­bei­ge­las­sen wer­den, ist zur Beja­gung durch soge­nann­te „Sta­te Hun­ters“ oder auch india­ni­sche Jäger mit Ver­trags­rech­ten auf die Bison­jagd frei­ge­ge­ben. Die­se töd­li­che Dyna­mik wird durch den „Inter­agen­cy Bison Management“-Plan abge­si­chert, wel­cher den Umgang mit den letz­ten gene­tisch unver­än­der­ten Wild­bi­sons Nord­ame­ri­kas zwi­schen dem Yel­low­stone Natio­nal­park­per­so­nal, dem US Depart­ment of Fish, Wild­life and Parks und dem Mon­ta­na Depart­ment of Live­stock regelt und Auf­ga­ben­be­rei­che zuteilt. Letz­te­re Agen­tur hat die Ver­wal­tungs­ho­heit über Bisons außer­halb des Parks inne und agiert kom­pro­miss­los im Inter­es­se der Rin­der­ba­ro­ne, ohne jeg­li­che wis­sen­schaft­li­che Legi­ti­ma­ti­on.

Brucel­lo­se, eine Rin­der­krank­heit, wel­che von Euro­pa im ver­gan­ge­nen Jahr­hun­dert nach Nord­ame­ri­ka ein­ge­schleppt wur­de, dient als schein­ba­re Begrün­dung für die strik­te Ver­ban­nung von Bisons in Natio­nal­parks und ande­re aus­ge­wie­se­ne „Schutz­ge­bie­te“. Jedoch wur­de außer­halb von Labo­ra­to­ri­en die Über­tra­gung der Krank­heit von Bisons auf Kühe nie­mals ver­zeich­net oder nach­ge­wie­sen.
Wapi­ti Hir­sche hin­ge­gen, wel­che regel­mä­ßig in gro­ßen Ansamm­lun­gen neben Rin­der­her­den äsen und das Vieh mit dem “gefürch­te­ten” Erre­ger anste­cken, sind mit kei­ner Ein­schrän­kung ihrer all­jähr­li­chen Migra­ti­ons­be­we­gun­gen ent­lang der an die Rocky Moun­ta­ins angren­zen­den öffent­li­chen wie pri­va­ten Gras­län­der zwi­schen den USA und Kana­da kon­fron­tiert.
Das tat­säch­li­che Motiv der Ran­cher­lob­by ist klar: es geht um Gras. Denn mehr Gras bedeu­tet mehr Fut­ter für mehr Rin­der und ver­spricht damit höhe­re Pro­fi­te.

Die Buf­fa­lo Field Cam­paign zum Erhalt der letz­ten Bisons

Die 1997 von der Lako­ta Ältes­ten Rosa­lie Litt­le Thun­der aus Rose­bud und dem Tier­schutz­ak­ti­vis­ten Mike Mea­se ins Leben geru­fe­ne Buf­fa­lo Field Cam­paign ver­sucht seit nun über 20 Jah­ren die The­ma­tik an eine brei­te­re Öffent­lich­keit zu ver­mit­teln – sei es über Öffent­lich­keits­ar­beit durch Info­stän­de im Park, natio­na­len und inter­na­tio­na­len Spea­king Events, regio­na­len Demons­tra­tio­nen und Doku­men­ta­ti­ons­fil­men. Abseits davon macht sich die Initia­ti­ve kom­pro­miss­los für Habi­tats­ge­winn stark und setzt sich dafür ein, dass Bisons ent­lang von Wild­tier­kor­ri­do­ren auch in ande­re Tei­le des Lan­des wan­dern dür­fen, wie dies auch Wapi­ti-Hir­schen und ande­ren Tier­ar­ten gestat­tet ist.

Hütten im Camp der Buffalo Field Campaign

Hüt­ten im Camp der Buf­fa­lo Field Cam­paign (copy­right: Georg Berg­tha­ler)

Gegen die Jagd auf Bison per se ist man bei der BFC nicht, im Gegen­teil; Ver­trags­rech­te auf tra­di­tio­nel­le Jagd durch indi­ge­ne Grup­pen wer­den befür­wor­tet und respek­tiert. Nur die Jagd unter den gegen­wär­ti­gen Umstän­den, wel­che die gene­ti­sche Viel­falt der Wild­bi­sons auf­grund der gerin­gen Stück­zah­len erheb­lich ein­schränkt und damit ihre Anfäl­lig­keit auf Krank­hei­ten und Miss­bil­dun­gen erhöht, will man kei­nes­falls unter­stüt­zen.

Wäh­rend der kri­ti­schen Win­ter­mo­na­te, wenn Bisons in die Fal­len am Park­rand lau­fen oder aus dem Park in die Hän­de von Jägern gera­ten, patrouil­lie­ren Volon­tä­re und deren vor­ge­setz­te Koor­di­na­to­ren der Buf­fa­lo Field Cam­paign an den Park­gren­zen, um etwa­iige Rechts­ver­let­zun­gen, Über­grif­fe und Miss­hand­lun­gen der Tie­re zu doku­men­tie­ren, aber auch um Auf­klä­rungs­ar­beit unter den Jägern zu leis­ten, wel­che über die kri­ti­sche Situa­ti­on der Wild­bi­sons sel­ten im kla­ren sind.

Ich bin seit 7. Novem­ber mit mei­ner ame­ri­ka­ni­schen Freun­din Macken­zie im Akti­vis­ten-Lager der Buf­fa­lo Field Cam­paign am Heb­gen Lake, wel­ches sich auf cir­ca 2.000 Metern See­hö­he in der Nähe des West­ein­gangs des Yel­low­stone Natio­nal Parks befindet.Wir leben in einem Tipi, dass uns Mike zur Ver­fü­gung gestellt hat.

Georg Berg­tha­ler, MA


copy­right alle Fotos: Georg Berg­tha­ler

Link zur Buf­fa­lo Field Cam­paign: www.buffalofieldcampaign.org

Mackenzie und Georg Bergthaler

Macken­zie und Georg Berg­tha­ler (copy­right: Georg Berg­tha­ler)

Buffalo Field Campaign Camp am Hebgen Lake

Buf­fa­lo Field Cam­paign Camp am Heb­gen Lake (copy­right Georg Berg­tha­ler)

2 Bisons im Schnee

2 Bisons im Schnee (copy­right Georg Berg­tha­ler)

Buffalo Field Campaign Camp im Winter

Buf­fa­lo Field Cam­paign Camp im Win­ter (copy­right Georg Berg­tha­ler)

Bison-Herde in Bewegung

Bison-Her­de in Bewe­gung (copy­right Georg Berg­tha­ler)

Coyote in der Nähe des Buffalo Field Campaign Camp

Coyo­te in der Nähe des Buf­fa­lo Field Cam­paign Camp (copy­right Georg Berg­tha­ler)

Hütten im Camp der Buffalo Field Campaign

Hüt­ten im Camp der Buf­fa­lo Field Cam­paign (copy­right: Georg Berg­tha­ler)

Wapiti-Hirsch in der Nähe des Buffalo Field Campaign Camp

Wapi­ti-Hirsch in der Nähe des Buf­fa­lo Field Cam­paign Camp (copy­right Georg Berg­tha­ler)

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