März 24

Coman­che­ría – ein india­ni­sches Empire im ame­ri­ka­ni­schen Süd­wes­ten

Mehr als ein gutes Jahr­hun­dert lang wur­de die geo­po­li­ti­sche Are­na des ame­ri­ka­ni­schen Südwes­ten nicht von den euro­päi­schen Sied­ler­ge­sell­schaf­ten, son­dern den dort ansäs­si­gen india­ni­schen Völ­ker­schaf­ten, allen vor­an den Coman­chen, domi­niert. 
La Coman­che­riá tauf­ten die spa­ni­schen Offi­zi­el­len Neu-Spa­ni­ens das aus­schwei­fen­de Prä­rie-Ter­ri­to­ri­um, das von den Stäm­men der Coman­chen kon­trol­liert wur­de. 

Im Fol­gen­den sol­len Geschich­te und Sys­tem die­ses india­ni­schen Rei­chesskiz­ziert wer­den.


Im Febru­ar des Jah­res 1847 zog eine Dele­ga­ti­on deut­scher Kolo­nis­ten unter der Füh­rung von John O. Meu­se­bach, beglei­tet von mexi­ka­ni­schen Maul­tier­händ­lern und ame­ri­ka­ni­schen Land­ver­mes­sern von Fre­de­ricks­burg, Texas, aus gen Wes­ten zum San Saba-Fluss. Dort hat­te der Adels­ver­ein den Fisher-Mil­ler-Land-Grant, bestehend aus 1,2 Mil­lio­nen Hekt­ar Land, zur deut­schen Besie­de­lung erwor­ben. 
Die­se Rei­se ins ver­spro­che­ne Land führ­te die Expe­di­ti­on in das Herz der Coman­che­ría, jenem weit­läu­fi­gen Gebiet in den süd­li­chen Gre­at Plains, das vom india­ni­schen Noma­den­volk der Coman­chen kon­trol­liert wur­de. Ihr Ziel war es, über die sess­haf­te Nut­zung des Lan­des mit sei­nen tat­säch­li­chen Her­ren zu ver­han­deln.

Nach­dem es gelun­gen war, die Coman­chen glaub­haft von den fried­fer­ti­gen Absich­ten der Sied­ler zu über­zeu­gen, schlu­gen Coman­chen und Meu­se­bach-Expe­di­ti­on ihre Lager an gegen­über­lie­gen­den Ufer­stel­len des San Saba auf. Als Nach­züg­ler der Dele­ga­ti­on ein­tra­fen – der Indi­an Com­mis­sio­ner Robert Neigh­bours und der Dela­ware-Häut­ling Jim Shaw, deren Kennt­nis­se über die Gebräu­che und Spra­che der Coman­chen das deut­sche Anlie­gen unter­stüt­zen soll­ten, sowie der Geo­lo­ge Fer­di­nand Roe­mer, des­sen Rei­se­be­richt über sei­nen mehr­jäh­ri­gen Auf­ent­halt in den USA eine Beschrei­bung jener Ver­hand­lun­gen mit den Coman­che ent­hält – hat­ten die Coman­chen und die Meu­se­bach-Expe­di­ti­on längst ange­fan­gen, Waren aus­zu­tau­schen und mit­ein­an­der in Kon­takt zu tre­ten; die Coman­chen öff­ne­ten den Neu­an­kömm­lin­gen ihre Tipis.

Die tat­säch­li­chen Ver­hand­lun­gen, die erst eini­ge Tage spä­ter statt­fan­den, nach­dem die Expe­di­ti­on wei­te­re Tei­le des nomi­nell ihnen zuste­hen­den Lan­des erkun­det hat­ten und die wich­ti­gen Häupt­lin­ge der den Osten Texas‘ bewoh­nen­den Coman­chen­stäm­me am San Saba ein­ge­trof­fen waren, ende­ten für John O. Meu­se­bach mit einem Erfolg. 
Im Gegen­zug zu einer Erbrin­gung von Leis­tun­gen im Wert von ins­ge­samt 3000 Dol­lar und einer Öff­nung der zukünf­ti­gen Kolo­nien für Händ­ler der Coman­chen, wur­de den Deut­schen die Ver­mes­sung und Besied­lung des Gebie­tes erlaubt. Am 9. Mai des­sel­ben Jah­res unter­zeich­ne­ten die Häupt­lin­ge der Coman­chen und Ver­tre­ter der deut­schen Sied­ler einen Ver­trag in Fre­de­ricks­burg, der die getrof­fe­nen Beschlüs­se rati­fi­zier­te.

Web­sei­te Fre­de­ricks­burg (frü­her Fried­richs­burg): www.visitfredericksburgtx.com

Die­se Epi­so­de in der Geschich­te des ame­ri­ka­ni­schen Sied­ler­ko­lo­nia­lis­mus illus­triert her­vor­ra­gend die geo­po­li­ti­schen Rea­li­tä­ten im ame­ri­ka­ni­schen Süd­wes­ten der ers­ten Hälf­te des 19. Jahr­hun­derts. 
Der Fisher-Mil­ler-Land Grant, der das Land für die Kolo­ni­sie­rung durch Siedler:innen aus den Deut­schen Län­dern, Öster­reich, der Eid­ge­nos­sen­schaft und Skan­di­na­vi­en reser­vier­te, wur­de 1842 von der Repu­blik Texas geneh­migt. 
Das im Grant ent­hal­te­ne Land erstreck­te sich auf über 1214 Hekt­ar zwi­schen dem Llano und dem Colo­ra­do River. Kon­trol­liert wur­de es aller­dings nicht von der jun­gen texa­ni­schen Repu­blik, son­dern von den Pen­a­te­ka, einem der gro­ßen öst­li­chen Coman­chen-Stäm­me. 
Als 1845 die Land­rech­te an den Adels­ver­ein ver­kauft wur­den, hat­ten die USA gera­de erst Texas annek­tiert und als die Meu­se­bach-Expe­di­ti­on am San Saba ein­traf, führ­ten die Ver­ei­nig­ten Staa­ten Krieg mit Mexi­ko um die nomi­nel­le ter­ri­to­ria­le Kon­trol­le im Süd­wes­ten des Kon­ti­nents. 
All das spiel­te für die Siedler:innen, als deren Reprä­sen­tant Meu­se­bach auf­trat, nur eine gerin­ge Rol­le. Für sie, die die­ses Land bewoh­nen woll­ten, war in letz­ter Kon­se­quenz ent­schei­dend, wer die tat­säch­li­che Ter­ri­to­ri­al­kon­trol­le aus­üb­te. Es war den Sied­lern Land von Auto­ri­tä­ten ver­spro­chen wor­den, das die­se Auto­ri­tä­ten de fac­to gar nicht kon­trol­lier­ten. Im End­ef­fekt waren es weder die Repu­blik Texas noch die Ver­ei­nig­ten Staa­ten, die die Besie­de­lung zwi­schen Llano und Colo­ra­do River ermög­lich­ten, son­dern die Coman­chen.

Die Tole­rie­rung euro­päi­scher Siedler:innen inmit­ten der Coman­che­ría darf weder als Unfä­hig­keit zum Erken­nen einer ihre Lebens­wei­se bedro­hen­den Gefahr noch als erkauft durch die den Ver­trags­ab­schluss fes­ti­gen­den Zah­lun­gen und Geschen­ke inter­pre­tiert wer­den. Statt­des­sen muss das Ein­ver­ständ­nis als Aus­druck eines in der Coman­che­ría übli­chen modus viven­di ver­stan­den wer­den, der, von den Coman­chen dik­tiert, das Zusam­men­le­ben sowohl inner­halb als auch an den Rän­dern ihres Ter­ri­to­ri­ums zwi­schen den ver­schie­de­nen india­ni­schen wie kolo­nia­len Gesell­schaf­ten gestal­te­te.

Die Coman­che­ría funk­tio­nier­te als Netz­werk, das Strö­me an Waren und Men­schenüber einen geo­gra­fisch weit aus­ge­dehn­ten Raum hin­weg zum öko­no­mi­schen Nut­zen der Coman­chen bün­del­te. Die Coman­chen arran­gier­ten sowohl ihre indi­ge­nen Nach­bar­völ­ker wie auch die euro­päi­schen Sied­ler­ge­sell­schaf­ten Neu-Mexi­kos und Texas‘, mit denen sich ihre Ter­ri­to­ri­al­an­sprü­che stets über­schnit­ten, zu ihrem eige­nen Vor­teil.

Das kine­tic empire der Coman­chen

Die Coman­chen migrier­ten zu Beginn des 18. Jahr­hun­derts aus den nörd­li­chen und zen­tra­len Plains in die süd­li­chen. Dort ver­bün­de­ten sie sich mit den sprach­ver­wand­ten Ute – das Wort Coman­che ist aus der Spra­che der Ute ent­lehnt und trägt die Bedeu­tung von Frem­den, mit denen man Gemein­sam­kei­ten teilt – und erschie­nen damit auch am Hori­zont der spa­ni­schen Kolo­ni­al­ver­wal­tun­gen Neu-Mexi­kos und Texas‘. 

Die Kon­fö­de­ra­ti­on mit den Ute eröff­ne­te den Coman­chen den Zugang zu euro­päi­schen Waren­strö­men. Die Akqui­rie­rung von Pfer­den und Feu­er­waf­fen führ­te zu einer tief­grei­fen­den kul­tu­rel­len Trans­for­ma­ti­on. Bis 1730 hat­ten die Coman­chen genug Pfer­de ein­ge­fan­gen, erstan­den oder erplün­dert, um das gan­ze Volk in den Sat­tel zu hie­ven. Nun hoch­mo­bil, dräng­ten die Coman­chen immer tie­fer in das wei­te offe­ne Land der süd­li­chen Plains, orga­ni­sier­ten ihre Lebens­wei­se noma­disch voll­stän­dig um die Bison­her­den und began­nen am weit­läu­fi­gen Aus­tausch von Waren, Tie­ren und Sklav:innen zwi­schen india­ni­schen Völ­kern auf bei­den Sei­ten der kolo­nia­len Grenz­ver­läu­fe sowie den spa­ni­schen und fran­zö­si­schen Sied­ler­ge­sell­schaf­ten teil­zu­ha­ben.

Mili­tä­ri­sche Über­le­gen­heit, die nicht zuletzt auf geschick­ten Bünd­nis­schlüs­sen mit india­ni­schen Nach­barn fuß­te, ermög­lich­te es den Coman­chen, Apa­chen und Osa­gesaus res­sour­cen­rei­chen Öko­sys­te­men und als bevor­zug­te Han­dels­part­ner der Spa­ni­er bzw. Fran­zo­sen zu ver­drän­gen
Den spa­ni­schen Kolo­ni­al­ver­wal­tun­gen wur­den von den Coman­chen durch Über­fäl­le und Plün­de­rungs­zü­ge für sie vor­teil­haf­te Ver­trä­ge auf­ge­zwun­gen, die die Märk­te Taos und San Anto­ni­os für die Coman­chen öff­ne­ten und gleich­zei­tig hohe Zah­lun­gen zur Auf­recht­erhal­tung eines brü­chi­gen Frie­dens ver­spra­chen. Bis zum Ende des 18. Jahr­hun­derts war Neu-Mexi­ko dadurch de fac­to in eine wirt­schaft­li­che Abhän­gig­keit zur Coman­che­ría gera­ten.

Coman­che Feats of Hor­se­men­ship von Geor­ge Cat­lin, 1834 (Public Domain)

Mit dem Zusam­men­bruch der spa­ni­schen Kolo­ni­al­herr­schaft in Mit­tel- und Nord­ame­ri­ka und der mexi­ka­ni­schen Unab­hän­gig­keit ab 1821 ver­än­der­te sich das geo­po­li­ti­sche Kräf­te­ver­hält­nis schlag­ar­tig. 
Die mexi­ka­ni­sche Zen­tral­re­gie­rung konn­te den Schutz der nörd­li­chen Gren­zen nicht mehr gewähr­leis­ten. Die Frie­dens­ver­trä­ge der spa­ni­schen Offi­zi­el­len konn­ten nicht all­um­fas­send ver­län­gert wer­den. Mexi­ko ver­säum­te die Auf­recht­erhal­tung der Sach­leis­tun­gen und Zah­lun­gen, die von den Coman­chen als Zei­chen guter Absich­ten ver­stan­den wur­den. So unter­nah­men die Coman­chen ab den 1820ern zuneh­mend aus­ge­dehn­te Raub­zü­ge gegen Mexi­ko, bei denen neben der Erbeu­tung von Pfer­den und Maul­tie­ren, die in die Ver­ei­nig­ten Staa­ten ver­kauft wur­den, auch die Gefan­gen­nah­me von Mexikaner:innen im Vor­der­grund stan­den, denen ein Schick­sal als Sklav:innen mit der Mög­lich­keit einer Inte­gra­ti­on und Adop­ti­on in die Gesell­schaft der Coman­chen bevor­stand. 
Gleich­zei­tig hielt Neu-Mexi­ko den Han­del mit den Coman­chen auf­recht – wohl um von all­zu aus­ge­dehn­ten Plün­de­rungs­zü­gen ver­schont zu blei­ben – was die­sen wie­der­um wei­te­ren Anreiz bot, ande­re mexi­ka­ni­sche Pro­vin­zen anzu­grei­fen. Die Öff­nung des mexi­ka­ni­schen Texas‘ für ang­lo-ame­ri­ka­ni­sche Kolo­nis­ten war eine direk­te Reak­ti­on auf die mas­si­ven Schwie­rig­kei­ten, die die Über­fäl­le der Coman­chen und ihrer Ver­bün­de­ter dem Über­le­ben der Pro­vinz berei­te­ten.

In den 1830ern und 1840ern erreich­ten die Über­fäl­le der Coman­chen auf Mexi­ko ihren Höhe­punkt. Der us-ame­ri­ka­ni­sche His­to­ri­ker Bri­an DeLay hat in sei­ner Mono­gra­fie „War of a Thousand Deserts“ nach­ge­wie­sen, dass die­se Raub­zü­ge der Coman­chen, wie auch die ande­rer india­ni­scher Völ­ker wie Apa­chen und Nava­jos, den mexi­ka­ni­schen Nor­den bis zum Aus­bruch des Krie­ges von 1846–1848 für die vor­rü­cken­den ame­ri­ka­ni­schen Trup­pen­ver­bän­de regel­recht sturm­reif geplün­dert hat­ten. 
Auch der Gads­den Purcha­se im Jahr 1854, der US-ame­ri­ka­ni­sche Land­er­werb, der den noch heu­te gül­ti­gen Grenz­ver­lauf zwi­schen Mexi­ko und den USA end­gül­tig zemen­tier­te, kann eben­falls als unter dem Druck india­ni­scher Raub- und Plün­de­rungs­zü­ge, die nach den Kon­di­tio­nen des Frie­dens­ver­trags von 1848 von US-ame­ri­ka­ni­scher Sei­te aus zu unter­bin­den waren, abge­schlos­sen ver­stan­den wer­den. Bevor sie ein­an­der im Weg stan­den, waren die Expan­si­on der USA und die der Coman­che­ría inein­an­der ver­zahn­te Pro­zes­se.

Die Ver­trei­bung india­ni­scher Stäm­me hin­ter den Mis­sis­sip­pi brach­te den Coman­chen neue Nach­barn; das neu ein­ge­rich­te­te Indi­an Ter­ri­to­ry grenz­te an die Coman­che­ría. 
Um Kon­flik­ten vor­zu­beu­gen, tra­ten die USA des­halb ab 1834 erst­mals in offi­zi­el­le Ver­hand­lun­gen mit den Coman­chen und den mit ihnen alli­ier­ten Wichi­ta, die 1835 in einem Ver­trags­ab­schluss mün­de­ten. Die­ser ent­hielt neben Bekennt­nis­sen zum fried­li­chen Zusam­men­le­ben der india­ni­schen Nach­bar­na­tio­nen auch Zah­lungs­ver­spre­chen an die Coman­chen und das Zuge­ständ­nis zu einer eigen­stän­di­gen Außen­po­li­tik gegen­über Mexi­ko. In der Fol­ge inte­grier­ten die Coman­chen vie­le Ange­hö­ri­ge und teil­wei­se auch gan­ze Stäm­me die­ser ins Indi­an Ter­ri­to­ry gepferch­ten Völ­ker in die Coman­che­ría.

Ein Abriss ihrer Geschich­te bis zum Zenit ihrer Macht zeigt nicht nur wie die Coman­chen eine Gefahr für das Über­le­ben kolo­nia­ler Sied­lungs­pro­jek­te an den Gren­zen dar­stell­ten, son­dern auch wie die­se deren poli­ti­sches und wirt­schaft­li­ches Han­deln bestimm­tenAbhän­gig­kei­ten kre­ierten und auf deren his­to­ri­sche Ent­wick­lung ein­wirk­ten. 
Die Coman­chen ver­füg­ten ganz offen­sicht­lich über eine poli­ti­sche Potenz, die es ihnen erlaub­te, Ent­schei­dungs­trä­ger in San­ta Fe, San Anto­nio, Mexi­ko-Stadt, Hous­ton und Washing­ton D.C. zur Reak­ti­on zu zwin­gen und genü­gend öko­no­mi­sche Gra­vi­ta­ti­on, um als wich­ti­ge Han­dels­part­ner zu gel­ten. 
Damit form­ten sie die Lebens­rea­li­tä­ten einer Viel­zahl von eth­nisch höchst unter­schied­li­chen Gesell­schaf­ten und Enti­tä­ten. In der geo­po­li­ti­schen Are­na des nord­ame­ri­ka­ni­schen Süd­wes­tens war die Coman­che­ría eine bestim­men­de Kraft, die ter­ri­to­ria­le Aus­hand­lungs- und Ent­wick­lungs­pro­zes­se ent­schei­dend mit­ge­stal­te­te.

Der fin­ni­sche His­to­ri­ker Pek­ka Hämäläi­nen bezeich­ne­te die­sen Macht­kom­plex der Coman­che­ría als Coman­che empire. Die­se Revi­si­on der oft­mals als Hür­de für US-ame­ri­ka­ni­sche Expan­si­on betrach­te­ten Coman­chen als hege­mo­nia­le Eth­nie ihres eige­nen Impe­ri­ums, ziel­te auf ein Her­vor­he­ben india­ni­scher agen­cy und Sou­ve­rä­ni­tät sowie dar­auf, den Mili­ta­ris­mus und Expan­sio­nis­mus der Coman­chen nicht als Reak­ti­on auf den Zusam­men­stoß mit den euro­päi­schen Mäch­ten dar­zu­stel­len, son­dern als die­sen zu eigen. Dadurch konn­te eine Geschich­te der Coman­chen geschrie­ben wer­den, der kei­ne Teleo­lo­gie anhaf­te­te, inner­halb derer die Ver­drän­gung und Ver­nich­tung der indi­ge­nen Lebens­welt durch den nord­ame­ri­ka­ni­schen Sied­ler­ko­lo­nia­lis­mus dem Lauf der Din­ge imma­nent ist.

Das Ver­ständ­nis der Coman­che­ría als kine­tic empire weist die­se als Ter­ri­to­ri­al­pro­jekt aus, des­sen Expan­si­on von einem auto­no­men kul­tu­rel­len Motor der Coman­chen vor­an­ge­trie­ben wur­de. Der Begriff lenkt die Auf­merk­sam­keit auf die spe­zi­fi­schen impe­ria­lis­ti­schen Prak­ti­ken der Coman­chen, die sich vor allem in den von ihnen erhoff­ten End­ergeb­nis­sen von denen „her­kömm­li­cher“ Empires unter­schie­den:

„Wohin­ge­gen tra­di­tio­nell als Impe­ri­en ver­stan­de­ne Rei­che dadurch regier­ten, die Din­ge starr und vor­her­sag­bar zu gestal­ten, regier­ten die Coman­chen dadurch, sie flui­de und form­bar zu hal­ten.“ 
(Whe­re­as more tra­di­tio­nal impe­ri­al powers ruled by making things rigid and pre­dic­ta­ble, Coman­ches ruled by kee­ping them flu­id and mal­leable)

[Hämäläi­nen 2008, S.4]

Der Begriff des kine­tic empire mar­kiert die Mobi­li­tät der Coman­chen als die zen­tra­le Cha­rak­te­ris­tik, die das Wesen der Coman­che­ría bezeich­net. Die Coman­chen stell­ten Macht­an­sprü­che auf Mobi­li­tät und Res­sour­cen­zu­griff anstatt auf abso­lu­te Auto­ri­tät über ein­zel­ne Land­stri­che zu bau­en. Die Kon­trol­le über ein­zel­ne res­sour­cen­rei­che Öko­sys­te­me, wie die Big Tim­bers an den Ober­läu­fen des Arkan­sas Rivers oder die Büf­fel­jagd­grün­de im Wes­ten Texas‘, über Zugän­ge zu Han­dels­kno­ten­punk­ten und über die die­se geo­gra­fi­schen Punk­te ver­bin­den­den Rou­ten, war das Macht­fun­da­ment der Coman­chen und präg­te ihr Ver­ständ­nis von Raum und – auf­grund der sai­so­nal unter­schied­li­chen Bedeu­tung die­ser Orte – auch Zeit, mit dem sich alle Akteu­re im Gra­vi­ta­ti­ons­feld der Coman­che­ría zu arran­gie­ren hat­ten. Die Coman­chen waren genau­so, wenn nicht sogar mehr, Wirt­schafts- wie Mili­tär­macht. Ihre Stra­te­gien zur Macht­fes­ti­gung und ‑aus­deh­nung, die sie aus­zeich­nen­de Mobi­li­tät und ihr inne­res sozia­les Gefü­ge basier­ten auf einer Aneig­nung und (Um-)Verteilung von Men­schen, Tie­ren, Res­sour­cen und Waren, die ent­lang eines kom­ple­xen, dyna­mi­schen Ver­ständ­nis­ses von Ver­wandt­schafts­ver­hält­nis­sen und Grup­pen­zu­ge­hö­rig­kei­ten erfolg­te.

Die Impe­ria­le Logik der Coman­che­ría

„Einer der Häupt­lin­ge erwi­der­te dar­auf mit vie­ler Wür­de im Gan­zen Fol­gen­des: Die Her­zen sei­nes Vol­kes sei­en unru­hig gewe­sen, als sie die vie­len frem­den Leu­te gese­hen, die sich nicht vor­her ange­kün­digt und deren Absicht sie nicht gekannt hät­ten; doch jetzt, da sie wüß­ten, daß sie als Freun­de gekom­men sei­en und was sie woll­ten, sei Alles gut. Dar­auf wur­de vor dem vor­nehms­ten Häupt­lin­ge eine Anzahl Geschen­ke nie­der­ge­legt, und die­ser vert­heil­te sie unter die ande­ren Häupt­lin­ge und Krie­ger.“ 
[Roe­mer 1849, 297]

Blaue Woll­de­cken, Baum­woll­hem­den, Mes­sing­dräh­te, Tabak. Mit die­sen Geschen­ken erwarb die Meu­se­bach-Dele­ga­ti­on die Gunst der Coman­chen. Für die­se stell­ten die Prä­sen­te kei­ne Form der „Bestechung“ dar, son­dern als Zei­chen des guten Wil­lens der Sied­ler­ge­mein­schaft, eine freund­schaft­li­che Bezie­hung mit den Coman­chen unter­hal­ten zu wol­len. 
Inner­halb der kul­tu­rel­len Logik der Coman­che stell­ten Han­del und Kom­merz For­men des sozia­len Aus­tau­sches dar. Der Fluss von Waren inner­halb der Coman­che­ría basier­te auf der Redis­tri­bu­ti­on von Res­sour­cen an Men­schen­grup­pen, zu denen man sich in einem fami­liä­ren Nahe­ver­hält­nis wähn­te, das aller­dings kei­ne Bluts­ver­wandt­schaft erfor­der­te. Gehan­delt wur­de nur mit sol­chen Grup­pen, mit denen man einen sozia­len Aus­gangs­punkt teil­te. Die­se Grund­la­ge wur­de zwi­schen Frem­den durch das Über­mit­teln von Geschen­ken her­ge­stellt. Das an sie ent­rich­te­te Geschenk bewies den Coman­chen die posi­ti­ven Absich­ten der Frem­den, die so zu Freun­den bzw. fik­ti­ver Ver­wandt­schaft wer­den konn­ten. Um den fran­zö­si­schen Sozi­al­an­thro­po­lo­gen Mar­cel Mauss zu para­phra­sie­ren, war die­ses Aus­hän­di­gen von Gaben in der Wirt­schafts- und Rechts­ord­nung der Coman­chen gleich­be­deu­tend mit einem Ver­trags­ab­schluss zwi­schen Indi­vi­du­en oder, wie in dem Fall der Meu­se­bach-Dele­ga­ti­on, Kol­lek­ti­ven. Aus­ge­tauscht wur­den daher nicht nur Waren, son­dern Höf­lich­kei­ten, Ritua­le, Men­schen und Diens­te.

Comanche Krieger, Autor unbekannt, ca. 1850

Coman­che Krie­ger, Autor unbe­kannt, ca. 1850

Der sozi­al moti­vier­te Waren­aus­tausch bestimm­te nicht nur den Kon­takt zu ande­ren Grup­pie­run­gen und Völ­kern, son­dern bestimm­te auch die inne­re Ver­fasst­heit der Coman­chen. Die Glie­de­rung der Coman­chen in Stäm­me, die sich wie­der­um in klei­ne­re Ver­wandt­schafts­kon­glo­me­ra­te und noch klei­ne­re Fami­li­en­grup­pen auf­teil­ten, basier­te auf öko­no­mi­scher Spe­zia­li­sie­rung, die sich eben­falls im in den jewei­li­gen Dem­ony­men nie­der­schlug. So han­del­te es sich bei den Yam­pa­ri­ka (Yam­pa­tʉh­ka) wort­wört­lich um „Wur­zel­es­ser“, wohin­ge­gen die Pen­a­te­ka (Pen­a­tʉ­ka), mit denen Meu­se­bach ver­han­del­te, den Honig gus­tier­ten und die Hoi­pi (Hʉpenʉʉ) als „Holz­leu­te“ bekannt waren, um nur ein paar Bei­spie­le zu nen­nen. Ent­spre­chend ihrer geo­gra­fi­schen Behei­ma­tung pro­du­zier­ten, erstan­den oder raub­ten die­se Grup­pie­run­gen Güter und Waren mit denen der Man­gel ande­rer Coman­che-Grup­pen an die­sen Pro­duk­ten aus­ge­gli­chen wur­de. 
Im intra­eth­ni­schen Kon­takt hie­ßen sich Coman­che ein­an­der Geschwis­ter, um auf die inner­halb der Ver­wandt­schafts­lo­gik für alle Coman­che pos­tu­lier­te Abstam­mung von einem gemein­sa­men Urah­nen zu ver­wei­sen. Dies ermög­lich­te flui­den, dau­er­haf­ten Aus­tausch und Mobi­li­tät zwi­schen den ein­zel­nen Fami­li­en­ein­hei­ten, gleich­zei­tig boten die weit­läu­fi­gen Ver­wandt­schafts­netz­wer­ke Schutz und Rück­halt gegen Bedro­hun­gen, die als gemein­sa­me Fein­de aller Coman­chen betrach­tet wur­den.

Die Aus­wei­tung die­ses Sys­tem der Ver­wandt­schafts­be­zie­hun­gen auch auf Nicht-Coman­chen leg­te den Grund­stein für die Expan­si­on der Coman­che­ría. Die Alli­anz mit den Ute, mit denen auf sprach­li­cher Ebe­ne nach­weis­lich ein gemein­sa­mer kul­tu­rel­ler Nen­ner bestand, mani­fes­tier­te sich in Ehe­schlie­ßun­gen und dar­aus ent­ste­hen­den Ver­wandt­schafts­netz­wer­ken, über die von den Ute im Kon­takt mit dem spa­ni­schen Kolo­ni­al­reich erlern­ten pas­to­ra­len Kul­tur­tech­ni­ken an die Coman­chen wei­ter­ge­ge­ben wur­de. Es erfolg­ten eben­so Hei­ra­ten – oder zumin­dest Ver­bin­dun­gen aus denen Kin­der her­vor­gin­gen – mit Ange­hö­ri­gen der kolo­nia­len Sied­ler­ge­sell­schaf­ten Texas‘ und Neu-Mexi­kos genau­so wie mit Ange­hö­ri­gen ande­rer indi­ge­ner Völ­ker, ins­be­son­de­re jener die man als Ver­bün­de­te ver­stand.

Wie sich Pro­zes­se der Inkor­po­ra­ti­on ande­rer india­ni­scher Völ­ker in die Coman­che­ría ereig­ne­ten, dar­über geben die münd­lich tra­dier­ten his­to­ri­schen Erzäh­lun­gen der Coman­chen Auf­schluss. Die in den 1950ern vom Coman­chen-Poli­ti­ker Fran­cis Joseph Attock­nee gesam­mel­ten und unter dem Titel „The Life of Ten Bears“ ver­öf­fent­lich­ten his­to­ri­schen Erzäh­lun­gen aus der Oral Histo­ry Tra­di­ti­on der Yam­pa­ri­ka-Coman­chen (her­aus­ge­ge­ben vom His­to­ri­ker Tho­mas W. Kava­nagh), ent­hal­ten eine Epi­so­de über den Beginn der Alli­anz mit den Kio­wa, die schließ­lich zu einer fort­schrei­ten­den Inte­gra­ti­on die­ser in das Sys­tem Coman­che­ría bedeu­te­te.

1825 wur­de der Coman­che Patu­uya beim Abwi­ckeln von Geschäf­ten mit einem Euro­pä­er von die­sem gebe­ten, einer fried­li­chen Ver­hand­lung mit Abge­sand­ten der eigent­lich feind­li­chen Kio­wa zuzu­stim­men, die sich eben­falls bei ihm befan­den. Die­se baten ob der deso­la­ten wirt­schaft­li­chen Lage ihres Stam­mes um einen Frie­dens­schluss mit den Coman­chen. Die­ser Idee, die Kio­wa als poten­ti­el­le Han­dels­part­ner und Ver­bün­de­te zu erwä­gen, stand Patu­uya auf­grund der gerin­gen mili­tä­ri­schen Schlag­kraft und wirt­schaft­li­chen Per­spek­tiv­lo­sig­keit der Kio­wa eher skep­tisch gegen­über, ver­sprach aller­dings das Anlie­gen vor den Ent­schei­dungs­trä­gern sei­nes Vol­kes vor­zu­tra­gen. Die Geschen­ke an Patu­uya, um die Gesprächs­grund­la­ge zu schaf­fen, stif­te­te dabei der euro­päi­sche Händ­ler. Bei den Kio­wa han­del­te es sich im Gegen­satz zu den Coman­chen um einen klei­nen Stamm von ledig­lich rund 1200 Mit­glie­dern. Mit Pfer­den bis­lang nicht in Berüh­rung gekom­men, waren die ein­zi­gen Nutz­tie­re der Kio­wa ihre Hun­de, die sie sowohl als Last­tie­re als auch Nah­rungs­quel­le ein­setz­ten. Par­ti­zi­pa­ti­on am weit­läu­fi­gen Han­del und die Jagd nach Bisons ver­un­mög­lich­te die Absenz von Pfer­den eben­so wie das mili­tä­ri­sche Bestehen gegen eques­trisch geschul­te Geg­ner. 
Patu­uya ver­schwieg das Zusam­men­tref­fen mit den Kio­wa nach sei­ner Rück­kehr. Mona­te ver­stri­chen, ohne dass die Kio­wa eine Ant­wort auf ihr Ansu­chen erhiel­ten. So ergrif­fen die­se erneut die Initia­ti­ve und ein Häupt­ling der Kio­wa erschien im Lager der Coman­chen, dar­auf erpicht in eine Alli­anz mit den Coman­chen zu tre­ten. Der Anfüh­rer der Coman­chen ver­kün­det sei­ne Ent­schei­dung, das Bünd­nis ein­zu­ge­hen mit den Wor­ten:

„So wie ich euch hier sehe, seht ihr alle gleich aus, ihr alle seid mei­ne Kin­der. Kann mir jemand zei­gen und sagen, wel­che jene ande­ren mei­ner Kin­der sind, die uns besu­chen? Zeigt sie mir, sodass ich berüh­ren sie kann und ihre Hand in Freund­schaft neh­me.“ 
[Kava­nagh 2016, S. 36]

Der Frie­dens­schluss erfolg­te per ver­ba­ler Direkt­auf­nah­me in den meta­pho­ri­schen Fami­li­en­bund. Nun gal­ten die Kio­wa auch als Han­dels­part­ner und wur­den in ihrer Gesamt­heit ein­ge­la­den. Doch als sie ein­tra­fen, gaben die ihr Hab und Gut müh­sam selbst schlep­pen­den Kio­wa einen so trau­ri­gen Anblick ab, dass die Coman­chen gerührt wur­den:

„Ein sol­cher Anblickt ließ den Coman­chen kei­ne ande­re Wahl, als mehr zu tun als nur Betrof­fen­heit zu füh­len. Fast wie auf Signal began­nen die Coman­chen die Fuß-Kio­was mit Geschen­ken zu über­häu­fen, wobei die wich­tigs­ten Geschen­ke natür­lich die Pfer­de waren. Mit die­ser Mas­sen­be­schen­kung an Pfer­den wur­den die Fuß-Kio­was einen wei­ten Ent­wick­lungs­schritt nach vor­ne gehievt, vom hun­de­ab­hän­gi­gen Stamm hin zum hoch­mo­bi­len Rei­ter­volk.“
[Kava­nagh 2016, S. 37]

Ob sich die tat­säch­li­chen Trans­fers der Kul­tur­tech­ni­ken rund um den Pfer­de-Pas­to­ra­lis­mus tat­säch­lich in die­ser Form zuge­tra­gen haben, ist frag­lich, aller­dings drückt die­se Erzäh­lung ein Selbst­ver­ständ­nis der Coman­chen als Erfin­der die­ser Lebens­form aus, deren Aneig­nung einen gesell­schafts­evo­lu­tio­nä­ren Fort­schritt dar­stellt. Sie sind damit gewis­ser­ma­ßen Väter der Kul­tur­trans­for­ma­ti­on ihrer Ver­bün­de­ten; stel­len eine sozi­al-genea­lo­gi­sche Ver­bin­dung her, pas­send zu der durch den Häupt­ling aus­ge­drück­ten Auf­nah­me der Kio­wa in das meta­pho­ri­sche Ver­wandt­schafts­netz­werk. Auch den mit den Kio­wa eng zusam­men­le­ben­den Kio­wa Apa­chen wur­de die­se Ehre zuteil. Folg­lich tre­ten in den fol­gen­den Erzäh­lun­gen die Kio­was und Kio­wa Apa­chen häu­fig als treue Beglei­ter der Coman­chen bei ihren Kriegs­zü­gen auf.

Wer als Ver­bün­de­ter in Fra­ge kam, offen­bart die Quel­le hin­ge­gen an ande­rer Stel­le. Das initia­le Zögern Patu­uyas wird dadurch begrün­det, dass ein Frie­den mit den Kio­was kei­ner­lei Nut­zen für die Coman­chen hät­te. Als Gegen­bei­spie­le für vor­teil­haf­te Alli­an­zen wer­den die mit den Acker­bau betrei­ben­den Pue­blo- und Wichi­ta-Stam­mes­ver­bän­den genannt. Die erbit­terts­ten Fein­de der Coman­che stel­len laut Erzäh­lung hin­ge­gen die Sioux dar. Frie­dens­schlüs­se mit die­sen, genau wie mit sämt­li­chen ande­ren feind­li­chen Natio­nen, waren laut Erzäh­lung ledig­lich tem­po­rä­re Waf­fen­still­stän­de. Die Bezie­hun­gen zu den Kio­wa waren zwar vor­be­las­tet, aber weit von der Feind­schaft zu ande­ren nörd­li­chen Nach­barn wie bei­spiels­wei­se (Lako­ta) Sioux, die als die größ­ten Fein­de genannt wer­den, Osa­ges oder Che­yenne, ent­fernt.

Bei die­sen han­del­te es sich um Natio­nen, die mit den Coman­chen in direk­ter Kon­kur­renz um die Kon­trol­le über Res­sour­cen und Han­dels­ver­bin­dun­gen stan­den. Die Lako­ta gel­ten neben den Coman­chen als die den Über­gang zum noma­di­schen Rei­ter­volk am bes­ten funk­tio­na­li­siert haben­den India­ner der Prä­rien. Wie die Coman­chen waren sie erfolg­reich in der Aus­deh­nung ihrer ter­ri­to­ria­len Ein­fluss­zo­ne, sodass es immer wie­der zu Zusam­men­stö­ßen kam, ins­be­son­de­re über büf­fel­rei­che Jagd­grün­de. Auch in der titel­ge­ben­den Erzäh­lung über das Leben des Ten Bears wird die Erz­feind­schaft zu den Lako­ta Sioux the­ma­ti­siert, sie ist gewis­ser­ma­ßen Aus­gangs­punkt die­ser bei­na­he mytho­lo­gisch anmu­ten­den Hel­den­bio­gra­fie. Bei einem Angriff der Sioux auf eine Holz sam­meln­de Yam­pa­ri­ka Grup­pe, ver­waist Ten Bears und wird als ster­ben­der Säug­ling in der Wild­nis zurück­ge­las­sen, wäh­rend sein älte­rer Bru­der ver­schleppt wird. Sein Rache­feld­zug als jun­ger Erwach­se­ner begrün­det sein Anse­hen und sei­nen Ruf.

Auch der die 1830er Jah­re durch­zie­hen­de Kon­flikt mit den Che­yenne ent­stand aus Strei­tig­kei­ten über Bison­jagd­grün­de. In den bei­den die­se Krie­ge behan­deln­den Erzäh­lun­gen wer­den die Kämp­fe als extrem ver­lust­reich für bei­de Sei­ten beschrie­ben. Ein Ange­bot zum Frie­den kommt von den Che­yenne erst, als die­se sich ein­ge­ste­hen, die Coman­chen nicht besie­gen zu kön­nen. Auch die immer wie­der auf­flam­men­den, sich nie bei­le­gen las­sen­den Krie­ge mit den Osa­ges waren letzt­lich Kon­flik­te über Jagd­ter­ri­to­ri­en, die durch die kon­kur­rie­ren­den Han­dels­netz­wer­ke der Osa­ges nur ver­stärkt wur­den.

Die Pue­blos und Wichi­tas, mit denen lang­wie­ri­ge Alli­an­zen bestan­den, waren hin­ge­gen kei­ne Kon­kur­renz um Res­sour­cen. Bei­de hat­ten auf­grund ihres Acker­baus Waren anzu­bie­ten, die den Coman­chen fehl­ten. Die Pue­blos mit ihren Ver­bin­dun­gen zu den kolo­nia­len Sied­ler­ge­sell­schaf­ten fun­gier­ten dar­über hin­aus als wich­ti­ge Mit­tels­män­ner für den Han­del mit die­sen. Die Wichi­ta hin­ge­gen dien­ten als mili­tä­ri­sche Ver­bün­de­te, deren Inklu­si­on in die Coman­che­ría einen Puf­fer­zweck erfüll­te. Die Kio­was moch­ten anders als die­se in den Augen Patu­uyas als Ver­bün­de­te nur wenig zu bie­ten gehabt haben, waren jedoch erst recht kei­ne Kon­kur­renz im ste­ten Aus­hand­lungs­pro­zess der Res­sour­cen­zu­gän­ge. Viel eher konn­ten die klei­nen Stäm­me der Kio­wa und Kio­wa Apa­chen ein­fach in die Coman­che­ría inte­griert wer­den, ohne dass die­se zur Belas­tung in der Res­sour­cen­öko­no­mie wur­den, und dadurch neue mili­tä­ri­sche Ver­bün­de­te gewon­nen wer­den.

Krieg und Gewalt zwi­schen den Coman­chen und ihren indi­ge­nen Nach­bar­völ­kern war also ein direk­tes Resul­tat unge­klär­ter Ver­tei­lungs­fra­gen, der Kon­kur­renz um lebens­not­wen­di­ge Res­sour­cen. Im Sin­ne die­ser Grup­pen­ri­va­li­tä­ten wand­ten Lako­ta, Che­yenne, Osa­ges, Apa­chen und ande­re mit den Coman­chen ver­fein­de­te Völ­ker durch­aus die­sel­ben Plün­der- und Raub­zugs­lo­gi­ken gegen die Coman­chen an, die die­se als Erfolgs­mo­dell im Prä­rie-Klein­krieg um Jagd­grün­de und Han­dels­netz­wer­ke per­fek­tio­niert hat­ten. Dass sich die­se Gewalt in Fol­ge auch ver­selbst­stän­di­gen konn­te und per­sön­lich-emo­tio­na­le Moti­ve wie Rache die Eska­la­ti­ons­spi­ra­le wei­ter­trie­ben steht außer Fra­ge und könn­te womög­lich erklä­ren, wes­halb sich man­che wüs­ten Bezie­hun­gen, wie die zu den Che­yenne, wie­der nor­ma­li­sie­ren bzw. befrie­den konn­te, wohin­ge­gen ande­re Kon­flik­te wie die mit Osa­ges oder Apa­chen nicht bei­zu­le­gen waren.

Wie ord­net sich nun der Ver­trags­schluss der Coman­chen mit dem deut­schen Sied­ler­kol­lek­tiv in die­ses Sys­tem der Coman­che­ría ein? 
Die Geschich­te des Meu­se­bach-Ver­trags weist bestechen­de Par­al­le­len zum Frie­dens­schluss und der anschlie­ßen­den Inkor­po­ra­ti­on der Kio­wa in die Coman­che­ría auf. Ähn­lich wie die­se war die Meu­se­bach-Expe­di­ti­on als Bitt­stel­len­de zu den Coman­chen gekom­men. Sie hat­ten ihre freund­schaft­li­chen Absich­ten glaub­wür­dig bewie­sen und in ihrem Vor­ha­ben das Land zu beackern, stell­ten sie kei­ne Riva­len um die Lebens­grund­la­ge Bison dar. Zudem wür­den die Siedler:innen ihnen auch nicht die Kon­trol­le über Han­dels­rou­ten und ‑kno­ten­punk­te strei­tig machen, son­dern viel eher einen neue Mög­lich­keit zum kom­mer­zi­el­len Waren­tausch eröff­nen. 
Der Ver­trag ist ein Freund­schafts- und Koope­ra­ti­ons­ver­trag, der die gemein­sa­me Nut­zung des Rau­mes in für bei­de Sei­ten pro­fi­ta­ble Bah­nen lenk­te. Der Ver­trag mach­te die Siedler:innen zu einem Teil des Sys­tems des kine­tic empire, des­sen Expan­si­on und Macht­fes­ti­gung durch die Her­stel­lung und Auf­recht­erhal­tung von Han­dels­be­zie­hun­gen zu euro­päi­schen Sied­ler­ge­mein­schaf­ten und die Inkor­po­ra­ti­on frem­der india­ni­scher Kol­lek­ti­ve bestand.

Frie­de und Freund­schaft. Das Bekennt­nis dazu war der vier­te und letz­te Ver­trags­punkt im Meu­se­bach-Coman­chen-Ver­trag, rati­fi­ziert in Fre­de­ricks­burg am 9. Mai 1847. Es fol­gen die Unter­schrif­ten Meu­se­bachs, des Indi­an Comis­sio­ners Neigh­bors und wei­te­rer Ver­tre­ter der Sied­ler und die Mar­kie­run­gen der bei­den Media­to­ren aus der Nati­on der Dela­wa­ren sowie sechs Häupt­lin­ge bzw. poli­ti­cal lea­ders der Coman­chen. 

Die vori­gen drei Ver­trags­punk­te hal­ten der Rei­hen­fol­ge nach fest: 

(1.) Das siche­re und freie Geleit der deut­schen Siedler:innen inner­halb des Gebiets des Land Grants und im Gegen­zug eben­so für die Coman­chen im deut­schen Sied­lungs­ge­biet. 

(2.) Schutz vor feind­lich gesinn­ten india­ni­schen Grup­pie­run­gen durch die Coman­chen, wobei die Deut­schen nach bes­ter Mög­lich­keit das­sel­be tun soll­ten, und die gegen­sei­ti­ge Aus­lie­fe­rung von Ver­bre­chern. 

(3.) Das Pri­vi­leg zur Ver­mes­sung des gesam­tem im Grant ent­hal­te­nen Lan­des und dar­über hin­aus, soll­te dies nach Gut­ach­ten der Ver­mes­sen­den nötig sein, bis zu den Aus­läu­fern des Colo­ra­dos wofür den Coman­chen Sach­leis­tun­gen im Wert von 3000 Dol­lar ver­spro­chen wur­den.

Webseite der Comanche Nation

Web­sei­te der Coman­che Nati­on  https://comanchenation.com

Das kine­tic empire der Coman­chen war also nicht nur ein durch die Mobi­li­tät sei­ner herr­schen­den Klas­se gepräg­tes Empire, son­dern vor allem eines der die­se Mobi­li­tät begrün­de­ten Res­sour­cen­ver­tei­lung
Die Akqui­rie­rung von Lebens­mit­teln, Trans­port­tie­ren, Waf­fen und sons­ti­gen Pro­duk­ten und Waren in der Prä­rie des nord­ame­ri­ka­ni­schen Süd­wes­ten zur Lebens­si­che­rung bestimm­te das sozia­le Gefü­ge der Coman­chen und deren Poli­tik gegen­über Außen­ste­hen­den.

Ob man um die­sel­ben Res­sour­cen­re­ser­voi­re und Han­dels­ver­bin­dun­gen kon­kur­rier­te oder nicht, mach­te den Unter­schied zwi­schen Krieg und Frie­den aus.

Die impe­ria­le Pra­xis zur Aus­deh­nung des Ein­fluss­be­reichs und Expan­si­on der Coman­che­ría war eine naht­lo­se Fort­set­zung von sozia­len Sys­te­men, die sich aus ein­fa­chen Not­wen­dig­kei­ten zur Siche­rung des Über­le­bens des Fami­li­en­ver­ban­des her­aus begrün­de­ten.

Tim K. Erkert


Zum Autor:

Tim K. Erkert, geb. 1998, 
Stu­di­um Mas­ter Geschich­te und 
Bache­lor Sla­wis­tik;
Inter­es­sens­schwer­punkt Glo­bal­ge­schich­te der Fron­tier

Tim K. Erkert

Lite­ra­tur:

Fer­di­nand Roe­mer, Texas. Mit beson­de­rer Rück­sicht auf deut­sche Aus­wan­de­rung und die phy­si­schen Ver­hält­nis­se des Lan­des nach eige­ner Beob­ach­tung geschil­dert von Dr. Fer­di­nand Roe­mer (Bonn 1849).

Tho­mas W. Kava­nagh (Hg.), The Life of Ten Bears: Coman­che His­to­ri­cal Nar­ra­ti­ves coll­ec­ted by Fran­cis Joseph Attock­ney (Lin­coln 2016).

Pek­ka Hämäläi­nenThe Coman­che Empire (New Haven 2008).



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