August 24

Hau­de­no­sau­nee (Iro­ke­sen-Kon­fö­de­ra­ti­on): inter­na­tio­nal Rei­sen mit eige­nen Päs­sen

Ange­hö­ri­ge der Hau­de­no­sau­nee (Iro­ke­sen-Kon­för­de­ra­ti­on) rei­sen inter­na­tio­nal mit ihren eige­nen Päs­sen. So auch im Juli 2024 nach Genf, um bei der UNO am „Expert Mecha­nism on the Rights of Indi­ge­nous Peo­p­les (EMRIP)“ teil­zu­neh­men. Nicht immer gelingt es ihnen, dass ihre Päs­se aner­kannt wer­den.

Hier ein Bei­trag von Ken­neth Deer [1] (Mohawk), war­um die Aner­ken­nung der Iro­ke­sen-Päs­se so wich­tig ist.

Dr. Peter Schwarz­bau­er, Obmann AKIN


Die Hau­de­no­sau­nee, auch bekannt als Kon­fö­de­ra­ti­on der Sechs Natio­nen oder Iro­ke­sen-Kon­fö­de­ra­ti­on, bestehen aus den Natio­nen der 


  • Mohawk,
  • Onei­da,
  • Onon­da­ga,
  • Cayu­ga,
  • Sene­ca und
  • Tus­car­o­ra. 


Es han­delt sich um ein sta­bi­les Bünd­nis indi­ge­ner Natio­nen, die vor und seit dem euro­päi­schen Kon­takt bis heu­te poli­tisch und mili­tä­risch gemein­sam agie­ren.


Die Hau­de­no­sau­nee haben Staats­ver­trä­ge mit den Nie­der­lan­den, Frank­reich, Groß­bri­tan­ni­en und den Ver­ei­nig­ten Staa­ten von Ame­ri­ka geschlos­sen. 


Sie betrach­ten sich immer noch als Ange­hö­ri­ge eines sou­ve­rä­nen Völ­ker­bun­des und nicht als ame­ri­ka­ni­sche bzw. kana­di­sche Staatsbürger*innen. So haben sie bis heu­te mit ihren eige­nen Päs­sen Rei­sen ins Aus­land unter­nom­men.


Im Lau­fe der letz­ten Jahr­hun­der­te haben die Hau­de­no­sau­nee auch Euro­pa bereist, um Köni­ge und Köni­gin­nen in ver­schie­de­nen Län­dern zu besu­chen und sogar Köni­gin Vic­to­ria mit einem Lacrosse-Spiel [2] zu unter­hal­ten.


Tra­di­tio­nel­les Ter­ri­to­ri­um der Hau­de­no­sau­nee und heu­ti­ge Sied­lungs­räu­me

Tra­di­tio­nel­les Ter­ri­to­ri­um der Hau­de­no­sau­nee

Das tra­di­tio­nel­le Sied­lungs­ge­biet der Hau­de­no­sau­nee erstreck­te sich rund um den Ontario‑, den Huron- und den Erie­see. Heu­te lie­gen die­se Gebie­te inner­halb der US-Staa­ten New York, Penn­syl­va­nia, Ala­ba­ma und Geor­gia und im heu­ti­gen Kan­da in Onta­rio und Qué­bec.

Hau­de­no­sau­nee — heu­ti­ge Sied­lungs­räu­me

Besuch des Hau­de­no­sau­nee Ver­tre­ters Des­ka­heh 1923–24 in Genf und beim Völ­ker­bund

Vor einem Jahr­hun­dert, 1923, ent­sand­ten die Hau­de­no­sau­nee den Cayu­ga-Chief Levi Gene­ral mit dem Ehren­ti­tel eines Des­ka­heh nach Genf, um sich vor dem Völ­ker­bund [3] über die schlech­te Behand­lung der Hau­de­no­sau­nee durch Kana­da und der bri­ti­schen Kro­ne zu beschwe­ren. Auch Des­ka­heh reis­te damals mit eige­nen Rei­se­do­ku­men­ten der Hau­de­no­sau­nee.

Besuch des Hau­de­no­sau­nee Ver­tre­ters Des­ka­heh 1923–24 in Genf und beim Völ­ker­bund

Obwohl dem Des­ka­heh auf­grund des Wider­stan­des von Groß­bri­tan­ni­en und Kana­da ver­wehrt wur­de, vor dem Völ­ker­bund zu spre­chen, wur­de er den­noch zu einer bekann­ten und hofier­ten Per­sön­lich­keit in Genf [4]. Die Hau­de­no­sau­nee unter­hal­ten bis heu­te sehr gute Bezie­hun­gen zur Stadt Genf und zum Schwei­zer Staat.

Rück­kehr der Hau­de­no­sau­nee nach Genf im Jahr 1977 – Emp­fang beim Bür­ger­meis­ter

Die Hau­de­no­sau­nee lie­ßen sich von der Behand­lung Des­ka­hehs durch den Völ­ker­bund nicht beir­ren und kehr­ten 1977 zusam­men mit vie­len ande­ren Indi­ge­nen Völ­kern nach Genf zurück, um an der ers­ten NGO-Kon­fe­renz gegen die Dis­kri­mi­nie­rung Indi­ge­ner Völ­ker der west­li­chen Hemi­sphä­re teil­zu­neh­men.


Die 14-köp­fi­ge Dele­ga­ti­on reis­te mit den eige­nen Hau­de­no­sau­nee-Päs­sen. Sie wur­de vom Gen­fer Bür­ger­meis­ter mit den Wor­ten emp­fan­gen, dass die Hau­de­no­sau­nee in Genf immer will­kom­men sei­en.

Hau­de­no­sau­nee nach Genf im Jahr 1977 – Emp­fang beim Bür­ger­meis­ter

Die­se Kon­fe­renz an der UNO lei­te­te einen Pro­zess der zuneh­men­den inter­na­tio­na­len Aner­ken­nung Indi­ge­ner Völ­ker als gleich­be­rech­tig­te Völ­ker ein. Dies führ­te schließ­lich inner­halb der nächs­ten 25 Jah­re nach inten­si­ver Lob­by­ar­beit zur Aus­ar­bei­tung der UNO-Erklä­rung über die Rech­te indi­ge­ner Völ­ker, die von der UN-Gene­ral­ver­samm­lung am 13. Sep­tem­ber 2007 ver­ab­schie­det wur­de.

Inten­si­ve Rei­se­tä­tig­kei­ten der Hau­de­no­sau­nee 

Im Lau­fe der Jahr­zehn­te wur­den Vertreter*innen der Hau­de­no­sau­nee in fol­gen­den Län­dern will­kom­men gehei­ßen: Schweiz, Frank­reich, Ita­li­en, Nie­der­lan­de, Bel­gi­en, Groß­bri­tan­ni­en, Polen, Tsche­chi­sche Repu­blik, Est­land, Nor­we­gen, Schwe­den, Finn­land, Däne­mark, Süd­afri­ka, Tune­si­en, Mexi­ko, Gua­te­ma­la, El Sal­va­dor, Pana­ma, Boli­vi­en, Vene­zue­la, Japan, Aus­tra­li­en, Tai­wan, Spa­ni­en, Ägyp­ten, Irland und auch Öster­reich.


In all die­sen Län­dern bit­ten wir mit unse­ren eige­nen Rei­se­päs­sen um eine Ein­rei­se­er­laub­nis, wor­auf dann Visa aus­ge­stellt wer­den. Dabei ver­pflich­ten wir uns, die jewei­li­gen natio­na­len Geset­ze zu befol­gen. Wir suchen dabei nicht die Öffent­lich­keit. Wir beru­fen kei­ne Pres­se­kon­fe­renz ein, um unse­re Ankunft anzu­kün­di­gen. Alles, was wir wol­len, ist mit unse­ren Päs­sen zu rei­sen.

Hau­de­no­sau­nee-Lacrosse-Mann­schaf­ten der Män­ner und Frau­en an inter­na­tio­na­len Wett­kämp­fen dabei

Die Hau­de­no­sau­nee tre­ten im Lacrosse-Sport seit den 1980er Jah­ren auf inter­na­tio­na­ler Ebe­ne gegen ande­re Natio­nal­mann­schaf­ten aus der gan­zen Welt an, so gegen die USA, Kana­da, Groß­bri­tan­ni­en, Japan, Neu­see­land, Aus­tra­li­en usw. Die Teams rei­sen dabei mit eige­nen Hau­de­no­sau­nee-Päs­sen.

Hau­de­no­sau­nee Frau­en­team bei der Lacrosse-Welt­meis­ter­schaft

Das obi­ge Foto wur­de 2017 in Groß­bri­tan­ni­en auf­ge­nom­men und zeigt unser Hau­de­no­sau­nee Frau­en­team bei der Lacrosse-Welt­meis­ter­schaft.

Das im Hin­ter­grund sicht­ba­re geg­ne­ri­sche Natio­nal­team Neu­see­lands demons­triert gera­de den Haka, den tra­di­tio­nel­len Tanz der Mao­ri.


Die Hau­de­no­sau­nee, sowohl das Män­ner- als auch das Frau­en­team, sind das ein­zi­ge indi­ge­ne Team der Welt, das in einer Sport­art auf Welt­cup-Niveau antritt. Die Her­ren­mann­schaft steht in der Welt­rang­lis­te auf Platz 2 im Hal­len-Lacrosse und auf Platz 3 im Feld-Lacrosse. Die Frau­en lie­gen auf Platz 12. Die letz­te Welt­meis­ter­schaft wur­de 2022 in Irland aus­ge­tra­gen.

Hau­de­no­sau­nee neh­men an inter­na­tio­na­len UNO-Kon­fe­ren­zen zur Kli­ma­rah­men­kon­ven­ti­on (UNFCCC) teil

Die Hau­de­no­sau­nee haben an vie­len UNFCCC-Kon­fe­ren­zen (United Nati­ons Cli­ma­te Chan­ge Con­fe­rence) und an den Vor­be­rei­tungs­tref­fen in Bonn teil­ge­nom­men. Ins­be­son­de­re an der COP 21 in Paris, der COP 24 in Polen, der COP 25 in Spa­ni­en, der COP 26 in Schott­land sowie der COP 27 in Ägyp­ten. Alle Vertreter*innen reis­ten dabei mit Hau­de­no­sau­nee-Päs­sen.

Ken­neth Deer

Über­set­zung und teil­wei­se Ergän­zun­gen (Begriff­lich­kei­ten): 
Peter Schwarz­bau­er und Hele­na Nyberg

Nach­satz Peter Schwarz­bau­er:

Der­zeit berei­tet die EU neue Rege­lun­gen vor, die es für Hau­de­no­sau­nee erschwe­ren bzw. unmög­lich machen könn­te, mit eige­nen Päs­sen in EU-Län­der ein­zu­rei­sen. Visa für Hau­de­no­sau­nee Päs­se wer­den in Zukunft mög­li­cher­wei­se nicht mehr aus­ge­stellt.


[1] Über den Autor: Ken­neth Deer ist Mohawk und Mit­glied des Hau­de­no­sau­nee-Komi­tees (Kon­fö­de­ra­ti­on der Sechs Nationen/Irokesen Bund) für inter­na­tio­na­le Bezie­hun­gen.
Er ist seit Jahr­zehn­ten an der UNO in diver­sen Gre­mi­en tätig, die für Indi­ge­ne Völ­ker rele­vant sind. Über­se

[2] Lacrosse ist ein von Indi­ge­nen im Osten der USA (vor allem Hau­de­no­sau­nee) ent­wi­ckel­tes und auch heu­te noch inten­siv gepfleg­tes Ball­spiel ähn­lich Hockey, nur mit ande­ren, netz­be­spann­ten Schlä­gern.

[3] Der Völ­ker­bund war die Vor­läu­fer­or­ga­ni­sa­ti­on der Ver­ein­ten Natio­nen (UNO).

[4] Genf war damals der Sitz des Völ­ker­bun­des und ist auch heu­te einer der drei Stand­or­te der Ver­ein­ten Natio­nen.



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