Angehörige der Haudenosaunee (Irokesen-Konförderation) reisen international mit ihren eigenen Pässen. So auch im Juli 2024 nach Genf, um bei der UNO am „Expert Mechanism on the Rights of Indigenous Peoples (EMRIP)“ teilzunehmen. Nicht immer gelingt es ihnen, dass ihre Pässe anerkannt werden.
Hier ein Beitrag von Kenneth Deer [1] (Mohawk), warum die Anerkennung der Irokesen-Pässe so wichtig ist.
Dr. Peter Schwarzbauer, Obmann AKIN
- Mohawk,
- Oneida,
- Onondaga,
- Cayuga,
- Seneca und
- Tuscarora.
Im Laufe der letzten Jahrhunderte haben die Haudenosaunee auch Europa bereist, um Könige und Königinnen in verschiedenen Ländern zu besuchen und sogar Königin Victoria mit einem Lacrosse-Spiel [2] zu unterhalten.
Traditionelles Territorium der Haudenosaunee und heutige Siedlungsräume
Das traditionelle Siedlungsgebiet der Haudenosaunee erstreckte sich rund um den Ontario‑, den Huron- und den Eriesee. Heute liegen diese Gebiete innerhalb der US-Staaten New York, Pennsylvania, Alabama und Georgia und im heutigen Kanda in Ontario und Québec.
Besuch des Haudenosaunee Vertreters Deskaheh 1923–24 in Genf und beim Völkerbund
Vor einem Jahrhundert, 1923, entsandten die Haudenosaunee den Cayuga-Chief Levi General mit dem Ehrentitel eines Deskaheh nach Genf, um sich vor dem Völkerbund [3] über die schlechte Behandlung der Haudenosaunee durch Kanada und der britischen Krone zu beschweren. Auch Deskaheh reiste damals mit eigenen Reisedokumenten der Haudenosaunee.
Obwohl dem Deskaheh aufgrund des Widerstandes von Großbritannien und Kanada verwehrt wurde, vor dem Völkerbund zu sprechen, wurde er dennoch zu einer bekannten und hofierten Persönlichkeit in Genf [4]. Die Haudenosaunee unterhalten bis heute sehr gute Beziehungen zur Stadt Genf und zum Schweizer Staat.
Rückkehr der Haudenosaunee nach Genf im Jahr 1977 – Empfang beim Bürgermeister
Die Haudenosaunee ließen sich von der Behandlung Deskahehs durch den Völkerbund nicht beirren und kehrten 1977 zusammen mit vielen anderen Indigenen Völkern nach Genf zurück, um an der ersten NGO-Konferenz gegen die Diskriminierung Indigener Völker der westlichen Hemisphäre teilzunehmen.
Die 14-köpfige Delegation reiste mit den eigenen Haudenosaunee-Pässen. Sie wurde vom Genfer Bürgermeister mit den Worten empfangen, dass die Haudenosaunee in Genf immer willkommen seien.
Diese Konferenz an der UNO leitete einen Prozess der zunehmenden internationalen Anerkennung Indigener Völker als gleichberechtigte Völker ein. Dies führte schließlich innerhalb der nächsten 25 Jahre nach intensiver Lobbyarbeit zur Ausarbeitung der UNO-Erklärung über die Rechte indigener Völker, die von der UN-Generalversammlung am 13. September 2007 verabschiedet wurde.
Intensive Reisetätigkeiten der Haudenosaunee
Im Laufe der Jahrzehnte wurden Vertreter*innen der Haudenosaunee in folgenden Ländern willkommen geheißen: Schweiz, Frankreich, Italien, Niederlande, Belgien, Großbritannien, Polen, Tschechische Republik, Estland, Norwegen, Schweden, Finnland, Dänemark, Südafrika, Tunesien, Mexiko, Guatemala, El Salvador, Panama, Bolivien, Venezuela, Japan, Australien, Taiwan, Spanien, Ägypten, Irland und auch Österreich.
In all diesen Ländern bitten wir mit unseren eigenen Reisepässen um eine Einreiseerlaubnis, worauf dann Visa ausgestellt werden. Dabei verpflichten wir uns, die jeweiligen nationalen Gesetze zu befolgen. Wir suchen dabei nicht die Öffentlichkeit. Wir berufen keine Pressekonferenz ein, um unsere Ankunft anzukündigen. Alles, was wir wollen, ist mit unseren Pässen zu reisen.
Haudenosaunee-Lacrosse-Mannschaften der Männer und Frauen an internationalen Wettkämpfen dabei
Die Haudenosaunee treten im Lacrosse-Sport seit den 1980er Jahren auf internationaler Ebene gegen andere Nationalmannschaften aus der ganzen Welt an, so gegen die USA, Kanada, Großbritannien, Japan, Neuseeland, Australien usw. Die Teams reisen dabei mit eigenen Haudenosaunee-Pässen.
Das obige Foto wurde 2017 in Großbritannien aufgenommen und zeigt unser Haudenosaunee Frauenteam bei der Lacrosse-Weltmeisterschaft.
Das im Hintergrund sichtbare gegnerische Nationalteam Neuseelands demonstriert gerade den Haka, den traditionellen Tanz der Maori.
Die Haudenosaunee, sowohl das Männer- als auch das Frauenteam, sind das einzige indigene Team der Welt, das in einer Sportart auf Weltcup-Niveau antritt. Die Herrenmannschaft steht in der Weltrangliste auf Platz 2 im Hallen-Lacrosse und auf Platz 3 im Feld-Lacrosse. Die Frauen liegen auf Platz 12. Die letzte Weltmeisterschaft wurde 2022 in Irland ausgetragen.
Haudenosaunee nehmen an internationalen UNO-Konferenzen zur Klimarahmenkonvention (UNFCCC) teil
Die Haudenosaunee haben an vielen UNFCCC-Konferenzen (United Nations Climate Change Conference) und an den Vorbereitungstreffen in Bonn teilgenommen. Insbesondere an der COP 21 in Paris, der COP 24 in Polen, der COP 25 in Spanien, der COP 26 in Schottland sowie der COP 27 in Ägypten. Alle Vertreter*innen reisten dabei mit Haudenosaunee-Pässen.
Kenneth Deer
Übersetzung und teilweise Ergänzungen (Begrifflichkeiten):
Peter Schwarzbauer und Helena Nyberg
Nachsatz Peter Schwarzbauer:
Derzeit bereitet die EU neue Regelungen vor, die es für Haudenosaunee erschweren bzw. unmöglich machen könnte, mit eigenen Pässen in EU-Länder einzureisen. Visa für Haudenosaunee Pässe werden in Zukunft möglicherweise nicht mehr ausgestellt.
[1] Über den Autor: Kenneth Deer ist Mohawk und Mitglied des Haudenosaunee-Komitees (Konföderation der Sechs Nationen/Irokesen Bund) für internationale Beziehungen.
Er ist seit Jahrzehnten an der UNO in diversen Gremien tätig, die für Indigene Völker relevant sind. Überse
[2] Lacrosse ist ein von Indigenen im Osten der USA (vor allem Haudenosaunee) entwickeltes und auch heute noch intensiv gepflegtes Ballspiel ähnlich Hockey, nur mit anderen, netzbespannten Schlägern.
[4] Genf war damals der Sitz des Völkerbundes und ist auch heute einer der drei Standorte der Vereinten Nationen.